Mindestlohn bei Feiertagsentgelt, Nachtzuschlag und Urlaubsentgelt

Okt 23, 2017   //   von tkorn   //   Arbeitsrecht

Feiertagsentgelt, Nachtzuschlag und tarifliches Urlaubsentgelt müssen auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns berechnet werden.

BAG, Urteil vom 20. September 2017 – 10 AZR 171/16

Sachverhalt:

Die Klägerin war bei der Beklagten zu einem Stundenverdienst von brutto EUR 7,00 (bzw. EUR 7,15) zzgl. einer „Zulage nach Mindestlohngesetz“ beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand ein Tarifvertrag Anwendung, der einen Nachtarbeitszuschlag von 25% des Stundenverdienstes und ein Urlaubsentgelt in Höhe des 1,5fachen durchschnittlichen Arbeitsverdienstes vorsah. Die beklagte Arbeitgeberin berechnete den Nachtarbeitszuschlag jedoch auf der Grundlage des vertraglichen Grundlohns von brutto EUR 7,00 und rechnete den als „Urlaubsentgelt“ gezahlten Betrag auf den Mindestlohn an. Die Klägerin verlangte die Vergütung aller Arbeits-, Urlaubs- und Feiertagsstunden des Monats Januar 2015 mit dem damals geltenden Mindestlohn von brutto EUR 8,50. ArbG und LAG gaben der Klage statt.

Entscheidung des BAG:

Die Revision der Beklagten blieb ohne Erfolg. Das BAG hat entschieden, dass der tarifliche Nachtarbeitszuschlag auf Grundlage des Mindestlohngesetzes zu berechnen ist. Eine abweichende Berechnung auf Grundlage des Tariflohns ist unzulässig, da der Nachtarbeitszuschlag nach den Bestimmungen des Tarifvertrags auf Grundlage des tatsächlichen Stundenverdienstes zu zahlen ist, der nur mindestens der jeweils geltende gesetzliche Mindestlohn sein kann. Auf den zu zahlenden Mindestlohn kann das tarifliche Urlaubsentgelt nicht angerechnet werden, da die Regelung des Tarifvertrags einen eigenständigen Anspruch auf Zahlung des Urlaubsentgelts begründet und es sich dabei nicht um Entgelt für erbrachte Arbeitsleistungen handelt.

Außerdem hat die Entgeltfortzahlung an Feiertagen gemäß § 2 Abs. 1 EFZG auf Grundlage des Mindestlohngesetzes zu erfolgen. Das BAG begründet diese Entscheidung mit dem Entgeltausfallprinzip und dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 EFZG. Danach hat der Arbeitnehmer für die Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertags ausgefallen ist, einen Anspruch auf Zahlung des Arbeitsentgelts, welches er ohne den Arbeitsausfall erhalten hatte.

Folgen des Urteils für die Praxis:

Das BAG hat klargestellt, dass sich der seit dem 01.01.2015 geltende gesetzliche Mindestlohn auch auf die Entgeltfortzahlung an Feiertagen und die Berechnung von eventuellen Nachtarbeitszuschlägen auswirkt. Hingegen sind Sonn- und Feiertagszuschläge mindestlohnwirksam und nicht grundsätzlich zusätzlich zum Mindestlohn zu zahlen (zuletzt: BAG, Urteil vom 24.05.2017 – 5 AZR 431/16). Eine Besonderheit gilt bis zum 31.12.2017 für tarifgebundene Arbeitgeber, die bisher unter Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 24 Abs. 1 MiLoG weniger als den gesetzlichen Mindestlohn bezahlen. Für diese Arbeitgeber entfaltet das Urteil zunächst keine Wirkung. Allerdings sind die Ausnahmevorschriften schon ab dem 01.01.2018 nicht mehr anwendbar.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 40/17 zu BAG, Urteil vom 20. September 2017 – 10 AZR 171/16 aus: http://juris.bundesarbeitsgericht.de;  Vorinstanz: Sächsisches LAG, Urteil vom 27.01.2016 – 2 SA 375/15

Florian Lange, Rechtsanwalt