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Betriebsrätemodernisierungsgesetz seit 18.06.2021 in Kraft

Okt 1, 2021   //   by tkorn   //   Arbeitsrecht, Arbeitsrecht  //  No Comments

Mit Wirkung zum 18.06.2021 ist relativ geräuschlos das Betriebsrätemodernisierungsgesetz in Kraft getreten. Die wichtigsten Änderungen für die Praxis dürften sein:

  • 87 I Nr. 14 BetrVG: explizites erzwingbares Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der „Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird“; der BR ist jetzt zwingend zu beteiligen, wenn der Arbeitgeber im Betrieb mobile Arbeit, z.B. Home Office, einführen will. Kein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich des „Ob“ der Einführung, nur hinsichtlich der Ausgestaltung!
  • § 30, 33, 34 BetrVG: Möglichkeit mittels Video- oder Telefonkonferenz durchgeführter BR-Sitzung und Beschlussfassung wird gesetzlich geregelt; die Präsenzsitzung soll weiter vorrangig genutzt werden. Die Entscheidung obliegt allein beim BR! Der Arbeitgeber darf keine online-Sitzung (z.B. aus Kostengründen) verlangen.
  • § 76 III 4, 77 II 3, 112 I 1 BetrVG: Möglichkeit, Einigungsstellenspruch, Betriebsvereinbarung und Interessenausgleich und Sozialplan in elektronischer Form niederzulegen.
  • 15 KSchG, § 103 BetrVG: Ausweitung des Kündigungsschutzes für die Initiatoren von Betriebsratswahlen; unter anderem ist jetzt gesetzlich geregelt, dass Arbeitgeber vor der außerordentlichen Kündigung von Wahlbewerbern und Wahlvorstandsmitgliedern im betriebsratslosen Betrieb die Zustimmung des Arbeitsgerichts einholen müssen.
  • § 7, 14, 14a BetrVG: Erleichterungen der BR-Wahl durch Herabsetzung des Mindestalters für das aktive Wahlrecht auf 16 Jahre, Verringerung der erforderlichen Stützunterschriften, Erweiterung des vereinfachten Wahlverfahrens auf Betriebe mit bis zu 100 AN.
  • § 80 III, 90 I Nr. 3, 95 IIa BetrVG: Mitwirkungsrechte des BR, wenn der Arbeitgeber im Betrieb Künstliche Intelligenz einsetzen will.
  • 8 SGB VII: Unfallversicherungsschutz für Arbeit im Home Office

Praxistipp

Die Änderungen im BetrVG greifen im Wesentlichen die bereits gelebte Praxis auf, reagieren aber auch auf die Erfordernisse, die sich durch die Pandemie ergeben haben. Unter anderem wurde der Unfallversicherungsschutz jetzt auf die Arbeit im Home Office ausgeweitet. Die Mitbestimmung des BR bei mobiler Arbeit wurde jetzt festgeschrieben, bislang ergab sich diese nur in bestimmten Bereichen aus dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes. Im Bereich digitaler BR-Arbeit ist der Gesetzgeber noch zurückhaltend: Vorrang soll nach wie vor die Präsenzsitzung des BR haben, andernfalls sind Regelungen in der BR-Geschäftsordnung erforderlich. Im Übrigen soll durch die Erhöhung des Kündigungsschutzes und die Erleichterung der Wahlvorschriften wohl der Tendenz zu immer weniger Betrieben mit Betriebsrat Einhalt geboten werden. Es bleibt abzuwarten, ob der gesetzgeberische Wille Wirkung zeitigt und tatsächlich mehr Betriebsräte gegründet werden!

Rechtsanwältin Dr. Ute Schmidt
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Fachanwältin für Sozialrecht
Maître en Droit

Die Schufa darf Daten eines Insolvenzschuldners nicht länger verwerten als sie im „Insolvenzbekanntmachungsportal“ veröffentlicht sein dürfen

Jul 30, 2021   //   by tkorn   //   Insolvenzrecht  //  No Comments

Die Schufa darf Daten eines Insolvenzschuldners nicht länger verwerten als sie im „Insolvenzbekanntmachungsportal“ veröffentlicht sein dürfen,

teilt das OLG Schleswig mit einer Pressemitteilung am 05.07.2021 mit.

Ein Insolvenzschuldner hat einen Löschungsanspruch gegen die Schufa Holding AG, wenn sie diese Daten aus dem Insolvenzbekanntmachungsportal ohne gesetzliche Grundlage länger speichert und verarbeitet als in der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet (InsoBekVO) vorgesehen.

Zum Sachverhalt: Über das Vermögen des Klägers wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und schließlich wurde ihm am 11. September 2019 durch das Amtsgericht die Restschuldbefreiung erteilt. Diese Information wurde im amtlichen Internetportal veröffentlicht. Die Schufa kopierte die Daten von dort und pflegte sie in ihren Datenbestand ein, um Vertragspartnern diese Daten bei Auskunftsanfragen zum Kläger mitzuteilen. Der Kläger begehrte die Löschung der Daten von der Schufa, da die Verarbeitung zu erheblichen wirtschaftlichen und finanziellen Nachteilen bei ihm führe. Eine uneingeschränkte Teilhabe am Wirtschaftsleben sei ihm nicht möglich. Er könne aufgrund des Eintrags kein Darlehen aufnehmen, keinen Mietkauf tätigen und keine Wohnung anmieten. Derzeit könne er nicht einmal ein Bankkonto eröffnen. Die Schufa wies die Ansprüche des Klägers zurück und verwies darauf, dass sie die Daten entsprechend der Verhaltensregeln des Verbandes „Die Wirtschaftsauskunfteien e.V.“ erst drei Jahre nach Speicherung lösche. Die Daten seien bonitätsrelevante Informationen und daher für die Vertragspartner der Schufa von berechtigtem Interesse. Das Landgericht Kiel hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers vor dem 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts hatte Erfolg.

Aus den Gründen: Der Kläger kann von der Schufa die Löschung der Daten sechs Monate nach Rechtskraft der Entscheidung des Amtsgerichts über die Restschuldbefreiung verlangen. Nach Ablauf dieser Frist steht die weitere Verarbeitung durch die Schufa im Widerspruch zu § 3 Abs. 2 InsoBekVO und ist daher nicht mehr rechtmäßig im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. f) Datenschutz-Grundverordnung. Werden die Daten des Klägers unrechtmäßig verarbeitet, kann er die Löschung dieser Information nach Art. 17 Abs. 1 lit. d) Datenschutz-Grundverordnung von der Schufa verlangen und hat einen Anspruch auf künftige Unterlassung dieser Datenverarbeitung.

Die Schufa kann sich nicht darauf berufen, dass die Datenverarbeitung rechtmäßig sei, da sie ihren oder den berechtigten Interessen von Dritten diene. Ein Interesse kann nur dann berechtigt sein, wenn es nicht im Widerspruch zur Rechtsordnung oder den Grundsätzen von Treu und Glauben steht. Die Verarbeitung durch die Schufa steht aber nach Ablauf der gesetzlichen Löschungsfrist im Widerspruch zur gesetzlichen Wertung von § 3 Abs. 2 InsoBekVO, wonach die Information zur Entscheidung über die Restschuldbefreiung nur sechs Monate im Internetportal zu veröffentlichen ist. Die Verarbeitung und Weitergabe dieser Information an eine breite Öffentlichkeit durch die Beklagte kommt einer Veröffentlichung im Internet gleich und ist daher nach Ablauf der gesetzlichen Löschungsfrist zu unterlassen.

Die Schufa kann sich nicht auf die Verhaltensregeln des Verbandes der Wirtschaftsauskunfteien berufen. Diese Verhaltensregeln entfalten keine Rechtswirkung zulasten des Klägers und stehen im Widerspruch zur gesetzlichen Wertung.

(Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 2. Juli 2021, Az. 17 U 15/21, Revision ist zugelassen)

Praxishinweis

Sollte das mitgeteilte Urteil Bestand haben, hat dies erhebliche Auswirkungen für die Insolvenzschuldner. Bisher blieb der Eintrag über das Insolvenzverfahren 3 Jahre ab dem Ende des Jahres, in dem die Restschuldbefreiung erteilt wurde, bestehen. Der Insolvenzschuldner wurde also durch dieses Negativmerkmal deutlich länger, als vom Gesetzgeber intendiert, auf seine Insolvenz beschränkt. Der gesetzgeberische Wille sieht die Möglichkeit eines Neuanfangs nach rechtskräftiger Erteilung des Restschuldbefreiung vor. Diese Möglichkeit besteht deutlich realistischer, wenn die Einschränkungen durch einen negativen Schufa-Eintrag zeitlich angemessen beschränkt sind.

Datenschutz – Auskunftsanspruch des Arbeitnehmers

Jun 22, 2021   //   by tkorn   //   Arbeitsrecht  //  No Comments

Der Datenschutz erlangt im Arbeitsverhältnis eine immer größere Bedeutung und muss zwingend vom Arbeitgeber berücksichtigt werden. In der Praxis spielte bisher der Auskunftsanspruch des Arbeitnehmer nach § 15 DAGVO nur eine untergeordnete Rolle:

Art. 15. Auskunftsrecht der betroffenen Person

(1) Die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf folgende Informationen:
a) die Verarbeitungszwecke;
b) die Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden;
c) die Empfänger oder Kategorien von Empfängern (…);
d)(…) die geplante Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden (…)

(3) Der Verantwortliche stellt eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung. (…)

Hinsichtlich dieses Auskunftsanspruchs ist die Rechtslage leider unübersichtlich bzw. bis heute ungeklärt (vgl. Lembke: Der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch im Anstellungsverhältnis- in: NJW 2020, 1841)

Das LAG Baden-Württemberg hatte in einer aufsehenerregenden Entscheidung vom 20.12.2018 zu 17 Sa 11/18 (die Parteien stritten in diesem Verfahren unter anderem über die Wirksamkeit von Kündigungen, die Entfernung von Abmahnungen aus der Personalakte und ein Einsichtsrecht des Klägers in das bei der Beklagten vorhandene Hinweisgebersystem) dem auf Art. 15 I DS-GVO gestützten Begehren des Klägers überraschend stattgegeben und den Arbeitgeber mit Verweis auf den Wortlaut der Bestimmung zur Auskunft verpflichtet.

In der Revisionsinstanz haben die Parteien sich nach der Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vor dem Termin am 02.09.2020 (Az. 5 AZR 66/19) verglichen, sodass die Rechtslage nicht geklärt ist.
Anknüpfend an diese Entscheidung häufen sich jetzt aber Auskunftsbegehren von Arbeitnehmern, die einen erheblichen Bearbeitungsaufwand mit sich bringen und bei denen ungeklärt ist, in welchem Umfang welche Daten weitergegeben werden müssen. Bei solchen Auskunftsbegehren sollte zwingend der Datenschutzbeauftragte eingebunden werden, da fast immer eine Kollision mit anderen Schutzrechten (berechtigte Interessen und Daten Dritter, Geschäftsgeheimnisse etc.) besteht. Unabhängig davon sollten Daten so verarbeitet werden, dass die Auskunft erteilt werden kann. Eine nachträgliche Aufarbeitung und Sortierung ist häufig schwierig und aufwendig.

Rechtsanwalt Dr. Thilo H. Korn LL.M.
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Insolvenzrecht

Kürzung des Urlaubsanspruchs bei Kurzarbeit Null

Apr 30, 2021   //   by tkorn   //   Arbeitsrecht  //  No Comments

Für Zeiträume, in denen Arbeitnehmer aufgrund konjunktureller Kurzarbeit „Null“ keine Arbeitspflicht haben, ist der jährliche Urlaubsanspruch anteilig zu kürzen.

Die Arbeitnehmerin ist beim Arbeitgeber, einem Unternehmen der Systemgastronomie, mit einer arbeitsvertraglichen Arbeitszeit von drei Tagen pro Woche und einem Urlaubsanspruch von insgesamt 28 Werktagen, anteilig also 14 Arbeitstagen, beschäftigt. Anlässlich der Covid-19-Pandemie vereinbarten die Parteien Kurzarbeit. Nach Verbrauch des Resturlaubs aus den Vorjahren war die Klägerin ab Juni 2020 in Kurzarbeit Null. In August und September erhielt sie insgesamt 23 Werktage/ 11,5 Arbeitstage Urlaub. Die Arbeitnehmerin begehrt mit ihrer Klage die Feststellung, dass ihr noch weitere 5 Werktage/ 2,5 Arbeitstage Urlaub zustünden.
Entscheidung:

Das LAG Düsseldorf führt zunächst aus, dass das Entstehen des Urlaubsanspruchs an sich lediglich den Bestand des Arbeitsverhältnisses voraussetzt. Für die Höhe des Urlaubsanspruchs kommt es aber auf die bestehende Arbeitspflicht an. Denn der Zweck des Urlaubs, dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, „sich von der Ausübung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu erholen und über einen Zeitraum der Entspannung und Freizeit zu verfügen“, kann nur erreicht werden, wenn der Arbeitnehmer auch tatsächlich gearbeitet hat. Dies gilt ausdrücklich nicht für Zeiten, in denen das Arbeitsverhältnis aus krankheitsbedingten Gründen ruht. Ist der Arbeitnehmer durch Kurzarbeit Null von der Arbeitspflicht befreit, bedarf es nach der Rechtsprechung von EuGH und BAG keines Urlaubs. Der Arbeitgeber konnte daher den Urlaub anteilig kürzen.
Die Revision wurde zugelassen.

Praxishinweis
Das LAG Düsseldorf stellt klar: Die Minderung des Urlaubsanspruchs bei Kurzarbeit „Null“ erfolgt kraft Gesetzes! Es bedarf hierfür keiner zusätzlichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bzw. Betriebsrat. Damit werden die Arbeitgeber zumindest hinsichtlich der Anzahl der Urlaubstage entlastet – die Höhe des Urlaubsentgelts darf nach der Rechtsprechung des EuGH auch während der Kurzarbeit nicht gekürzt werden, vgl. EuGH, Urteil vom 13.12.2018 – Rs. C-385/17!

Rechtsanwältin Dr. Ute Schmidt
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Fachanwältin für Sozialrecht
Maître en Droit

 

Digitale Unterschrift im Arbeitsrecht

Apr 16, 2021   //   by tkorn   //   Arbeitsrecht  //  No Comments

Die Digitalisierung schreite voran, viele Mitarbeiter befinden sich aufgrund der COVID19-Restriktionen  im Home-Office, ein persönlicher Kontakt ist nicht möglich: für den Rechtsverkehr drängt sich die Nutzung der digitalen Unterschrift zur Verkürzung und Vereinfachung von Erklärungen und Verträgen als sachgerechter Weg nahezu auf. Aber Vorsicht: Gerade bei der Begründung und Durchführung von Arbeitsverhältnissen ist bei der Verwendung digitaler Unterschriften zumindest eine gewisse Achtsamkeit geboten. In einigen Fällen (z.B. befristete Arbeitsverträge § 14 IV TzBfG, ohne Einhaltung der Schriftform wird immer ein unbefristeter Arbeitsvertrag geschlossen!!!)  schreibt das Gesetz die Schriftform vor, die nur zum Teil mit einer sog. qualifizierten elektronischen Signatur ersetzt werden kann. Zum Teil ist die elektronische Form sogar gänzlich ausgeschlossen.

Grundsätzlich wird zwischen drei Arten der digitalen Signatur unterschieden:

  • (Einfache) elektronische Signatur,
  • Fortgeschrittene elektronische Signatur,
  • Qualifizierte elektronische Signatur.

Jede dieser drei Signaturen ist an verschiedene Voraussetzungen geknüpft, die verschiedenen Sicherheitsstufen entsprechen. Die Anforderungen, die an die jeweilige Signatur gestellt werden, ergeben sich aus der europäischen eIDAS Verordnung. Auf Grund ihres Charakters als Verordnung gilt sie ohne weitere Umsetzung des deutschen Gesetzgebers unmittelbar.

Nach der gesetzlichen Definition sind (einfache) elektronische Signaturen Daten in elektronischer Form, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verbunden werden und die der Unterzeichner zum Unterzeichnen verwendet (Art. 3 Nr. 10 eIDAS-VO). Dies kann bspw. bereits bei einer E-Mail Signatur oder einer eingescannten Unterschrift der Fall sein. Das von Ihnen beabsichtigte vorgehen entspricht dieser einfachen elektronischen Signatur.

Für die fortgeschrittene elektronische Signatur sind bereits deutlich gesteigerte Anforderungen zu erfüllen. Die zu erfüllenden Kernmerkmale sind, dass diese Signatur eindeutig dem Unterzeichner zugeordnet werden kann und die Identifizierung des Unterzeichners ermöglicht wird (Art. 3 Nr. 11, 26 eIDAS-VO). Außerdem muss gewährleistet sein, dass nachträgliche Veränderungen erkannt werden können.

Bleibt letztlich noch die qualifizierte elektronische Signatur nach Art. 3 Nr. 12, 15, 23 eIDAS-VO. Um den Anforderungen an eine qualifizierte elektronische Signatur zu genügen, muss eine Signatur alle Merkmale der fortgeschrittenen Signatur aufweisen. Zusätzlich muss sie von einer qualifizierten elektronischen Signaturerstellungseinheit erstellt worden sein und auf einem qualifizierten Zertifikat für elektronische Signaturen beruhen. Qualifizierte Zertifikate können wiederum nur von sog. Vertrauensdiensteanbietern ausgestellt werden, die den Antragsteller anhand geeigneter Mittel identifizieren. Sie können außerdem nur an natürliche Personen ausgestellt werden, nicht etwa an juristische Personen wie eine GmbH oder Aktiengesellschaft. Eine Liste der deutschen Vertrauensdiensteanbieter findet sich auf der Homepage der Bundesnetzagentur.

Schreibt das Gesetz die Schriftform – also die eigenhändige Unterschrift vor – kann diese allenfalls durch die qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden. Denn nur die qualifizierte elektronische Signatur erfüllt die Anforderungen an die sog. elektronische Form nach § 126a BGB. Die elektronische Form ist wiederum als einzige Alternative zur Schriftform gesetzlich zulässig, wenn sich nicht aus den gesetzlichen Vorschriften etwas anderes ergibt.

Sofern ein Arbeitsvertrag überhaupt der Schriftform bedarf (vgl. z.B.  § 14 IV TzBfG), so kann die eigenhändige Unterschrift nur durch eine qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden. Voraussetzung dafür ist, dass der für den Abschluss des Vertrages bevollmächtigte Mitarbeiter über eine solche Signatur verfügt. Die qualifizierte elektronische Signatur kann nur eine Person bei einer sogenannten Vertrauensdiensteanbieter persönlich beantragen. Die  Vertrauensdiensteanbieter sind auf der Website der Bundesnetzagentur aufgeführt: Bundesnetzagentur – Signatur

Für die Einhaltung der Schriftform bei Verträgen durch eine „elektronische“ Unterschrift müssen die Parteien unter dem Dokument ihren Namen hinzufügen und jede Partei muss das Dokument anschließend mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur versehen.

Ausgeschlossen ist eine Ersetzung der Schriftform durch eine elektronische Signatur bezogen auf den Bereich des Arbeitsrechts für die Kündigung eines Arbeitsvertrags. Nach § 623 BGB hat die Kündigung schriftlich zu erfolgen. Die elektronische Form ist dabei nach dem Gesetz ausgeschlossen (§ 623 2. HS BGB). Dies gilt auch für den Aufhebungsvertrag. Auch ein solcher kann nicht mittels einer qualifizierten elektronischen Signatur unterzeichnet werden.

Für den Bereich des Arbeitsrechts ist die digitale Unterschrift gegenwärtig nur in einigen Bereichen formal zulässig und zu empfehlen. Bei einer Vielzahl von Verträgen und Erklärungen (insbesondere bei so wichtigen Verträgen wie Befristungen und bei Kündigungen) ist dies jedoch gegenwärtig nicht der Fall.

Rechtsanwalt Dr. Thilo H. Korn LL.M.
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Insolvenzrecht

Nachweis der Zustellung von einseitigen empfangsbedürftigen Willenserklärungen (z.B. Kündigungen)

Apr 9, 2021   //   by tkorn   //   Arbeitsrecht, Zivilrecht  //  No Comments

Der Sendungsstatus eines Einwurf-Einschreibens ist vom Auslieferungsbeleg zu unterscheiden. Aus dem Sendungsstatus geht nicht der Name des Zustellers hervor und er beinhaltet auch keine technische Reproduktion einer Unterschrift des Zustellers. Die Aussagekraft des Sendungsstatus reicht nicht aus, um auf ihn den Anscheinsbeweis des Zugangs der Postsendung zu begründen.

LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 17.9.2020 – 3 Sa 38/19

Der Arbeitgeber hatte eine Kündigung mit Einwurf-Einschreiben zugestellt. Der Arbeitnehmer betritt den (fristgemäßen) Zugang. Im Prozess konnte der Arbeitgeber nur den Einlieferungsbeleg und den von der Post übermittelten Sendungsstatus mit Zustellung vorlegen. Das Gericht verneinte den Nachweis der Zustellung und gab der Klage allein aus formalen Gründen statt.

Das Wirksamwerden einer abgegebenen Willenserklärung richtet sich nach § 130 I 1 BGB. Danach wird eine einem Abwesenden gegenüber abgegebene Willenserklärung in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie ihm zugeht. Zugegangen ist eine Willenserklärung dann, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Dies ist bei Briefen in der Regel bereits mit dem Einwurf in den Briefkasten bzw. dem Einlegen ins Postfach der Fall, jedenfalls aber am darauffolgenden Werktag. Eine Mitwirkung des Empfängers – sei es durch die Entgegennahme oder das Abholen in der Postfiliale bei zunächst erfolglosem Zustellversuch – ist für den Zugang nicht erforderlich.

Allerdings ist prozessual der Versender für den ordnungsgemäßen Zugang einer Sendung beweisbelastet. In Prozessen wird häufig der Zugang an sich oder der Zugangszeitpunkt (z.B. bei fristgebundenen Willenserklärungen bestritten. Da sich der Nachweis eines Zugangs bei einem normalen Brief nicht nachweisen lässt, wird oft das Einwurfeinschreiben zum Nachweis des Zugangs gewählt – von einem Einschreiben mit Rückschein ist dringend abzuraten, da dessen Zugang die aktive Mitwirkung des Adressaten durch Annahme voraussetzt, der Zugang eines Benachrichtigungsscheins im Briefkasten ersetzt nicht den Zugang des Schreibens, in der Praxis werden „problematische“ Schreiben häufig nicht abgeholt!

Seit Einführung des Einwurf-Einschreibens vor über 20 Jahren ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten, ob und unter welchen Voraussetzungen bei Verwenden des Einwurf-Einschreibens ein Anscheinsbeweis für den Zugang vorliegt (vgl. dazu näher Ante -Der Zugangsnachweis bei Einwurf-Einschreiben- NJW 2020, 3487). Während sich in der ordentlichen Gerichtsbarkeit im Nachgang zu einer Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2016 (BGHZ 212, 104 = NJW 2017,  68 = NZG 2016, 1417) eine weitgehend einheitliche Linie für einen Anscheinsbeweis bei Vorliegen von Einlieferungsbeleg und Reproduktion des Auslieferungsbelegs sowie ordnungsgemäß durchgeführtem Verfahren durchgesetzt hat, ist die Rechtsprechung der Arbeitsgerichtsbarkeit bisher uneinheitlich (vgl. etwa aus jüngerer Zeit für einen Anscheinsbeweis LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 12.3.2019 – 2 Sa 139/18, BeckRS 2019, 18247 Rn.36, gegen einen solchen ArbG Düsseldorf v. 22.2.2019 – 14 Ca 465/19, BeckRS 2019, 17926 Rn. 37; offengelassen LAG Düsseldorf v. 24.10.2018 –12 Sa 106/18, BeckRS 2018,43640 Rn.38).

Praxishinweis

Ein Einwurfeinschreiben begründet zwar regelmäßig den Anscheinsbeweis der Zustellung, aber leider nicht immer (vgl. insgesamt Ante -Der Zugangsnachweis bei Einwurf-Einschreiben – NJW 2020, 3487). Es ist hierzu zumindest nach Auffassung vieler Arbeitsgerichte auch der Auslieferungsbeleg erforderlich. Dieser sollte immer abgefordert werden. Bei wichtigen fristgebundenen Erklärungen sollte aber immer der persönlichen Übergabe oder Zustellung der Vorzug gegeben werden. Das mag lästig oder aufwendig sein, ist aber immer günstiger als ein verlorener Prozess. Bei abwesenden Empfängern am besten zu zweit (damit Zeugen vorhanden sind), ein Handyfoto vom Briefkasten und Einwurf, eine kurze Aktennotiz -fertig. Zudem hat man gleichzeitig das Problem umgangen bzw. erkennt es rechtzeitig, dass kein beschrifteter Briefkasten unter der bekannten Anschrift vorhanden ist und deswegen die Zustellung nicht erfolgen kann. Es ist nicht selten, dass Empfänger bei der Erwartung unliebsamer Post den Namen vom Briefkasten entfernen. Ebenso wird oft behauptet, die Post sei bei einem namensgleichen (verwandten) Hausbewohner eingeworfen worden und nicht zugegangen. Diese Fehlerquellen können durch persönliche Zustellung leicht erkannt werden.

Rechtsanwalt Dr. Thilo H. Korn LL.M.
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Insolvenzrecht

Müssen Gewerberaummieter während der Zeit der behördlich angeordneten Schließungen die volle Miete zahlen?

Mrz 26, 2021   //   by tkorn   //   Mietrecht  //  No Comments

Der Streit um die Anpassung von Gewerbemietverhältnissen in Zeiten von Corona beschäftigt zunehmend die Gerichte. Am 24.02.2021 entschied das Oberlandesgericht Dresden, dass eine Störung der (großen) Geschäftsgrundlage des Mietvertrages im Sinne von § 313 Abs. 1 BGB vorliege und der Vertrag anzupassen sei. Dies habe durch eine hälftige Reduzierung der Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung zu erfolgen (OLG Dresden, Urteil v. 24.02.2021, Az. 5 U 1782/20).

Auch wenn die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist und die Frage der Vertragsanpassung wohl erst vom Bundesgerichtshof in letzter Instanz entschieden werden wird, sollten betroffene Gewerberaummieter spätestens jetzt auf Ihren Vermieter zugehen und die Vertragsanpassung verlangen.

Rechtsanwalt Michael Knoch
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

BGH sorgt für Klarheit bei D&O Versicherungsschutz

Mrz 26, 2021   //   by tkorn   //   Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht  //  No Comments

Die Geschäftsleitung ist der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden (§ 64 S.1 GmbHG, § 92 Abs. 2 AktG, 130a HGB).

Ein Geschäftsführer hatte nach Insolvenzreife des von ihm geführten Unternehmens noch solche Zahlungen veranlasst, dafür bestand ein Haftungsanspruch gem. § 64 Satz 1 GmbHG. Die beklagte Versicherung weigerte sich zu zahlen. Sie argumentierte, dass Ansprüche aus § 64 Satz 1 GmbHG nicht vom Versicherungsschutz erfasst seien. Die obergerichtliche Entscheidung begründete ihre einen Anspruch anlehnende Auffassung damit, dass es sich bei Ansprüchen gemäß § 64 S. 1 GmbHG um einen Ersatzanspruch eigener Art und nicht um einen Schadensersatzanspruch handelt.

Der BGH hat mit Urteil vom 18.11.2020 (IV ZR 217/19) Klarheit geschaffen.
Der BGH geht davon aus, dass die versicherungsrechtlichen Klauseln so auszulegen sein, wie es die zwar geschäftserfahrenen, aber juristisch oder versicherungsrechtlich nicht vorgebilde-ten Personen verstehen können. Einem solchen Geschäftsführer sei kein Unterschied zwischen den allgemeinen Haftungsansprüchen und den juristischen Ansprüchen eigener Art erkennbar.
Der durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer wähne sich bei ver-ständiger Würdigung aufgrund der D&O-Versicherung in seinem Handeln gegenüber der Ge-sellschaft geschützt. Deshalb sei der in Rede stehende Erstattungsanspruch von der Versiche-rung erfasst. Zudem stellte der BGH klar, dass vom Versicherungsschutz daher nicht vor-nehmlich die Vermögensinteressen der Versicherungsnehmerin (also des Unternehmens), sondern die des versicherten Geschäftsführers umfasst sein.

Praxishinweis

Die Schwierigkeiten im täglichen Geschäft eines GmbH-Geschäftsführers in der Krise sind mit der Rechtsprechung des BGH nicht gelöst. Allerdings besteht nun zumindest die beruhi-gende Gewissheit, dass im Falle eines Fehlers oder einer Fehleinschätzung, die sich unter den Bedingungen der COVID-19-Pandemie nicht immer vermeiden lassen wird, Versicherungs-schutz für das Privatvermögen des Geschäftsführers über die D&O-Versicherung besteht.

Rechtsanwältin Sarah Müller

Seminar – Der Arbeitsvertrag in der Krise – alte und neue Baustellen der Vertragsgestaltung

Mrz 22, 2021   //   by tkorn   //   Arbeitsrecht  //  No Comments

Die Corona-Krise hat Vieles zum Vorschein gebracht, darunter auch, ob Arbeitsverträge „krisensicher“ gestaltet sind und damit auf außergewöhnliche Situationen die passenden Antworten geben. Plötzlich bedarf es Regelungen zur Kurzarbeit, zu Versetzung ins Home Office oder zu mobilem Arbeiten. Gleichzeitig gewinnen „altbekannte“ Klauseln wie Befristungen, Freiwilligkeitsvorbehalte oder Ausschlussklauseln in der Krise an Bedeutung, um Unternehmern flexibles Handeln bei gleichzeitiger wirtschaftlicher Kalkulierbarkeit zu ermöglichen.

Die wichtigsten Klauseln werden im Rahmen dieser Schulung vorgestellt. Die Teilnehmer werden für die dabei zu berücksichtigenden rechtlichen und praktischen Probleme sensibilisiert. Dabei erhebt die Schulung nicht den Anspruch auf Vollständigkeit – das ist angesichts der dynamischen tatsächlichen und rechtlichen Entwicklung nahezu ausgeschlossen – aber gibt den Teilnehmern das nötige Rüstzeug, um auf die derzeitige und etwaige künftige Sondersituationen angemessen zu reagieren.

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Bei der Aufstellung eines Besucherkonzeptes nach den Vorgaben der CoronaSchVO ist der Betriebsrat zu beteiligen

Mrz 22, 2021   //   by tkorn   //   Arbeitsrecht  //  No Comments

Der Betriebsrat eines Krankenhauses hat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bei der Ausgestaltung eines Besuchskonzepts iSd. CoronaSchVO mitzubestimmen (vgl. LAG Köln, Beschluss vom 22.01.2021, Az.: 9 TaBV 58/ 20).

Die Arbeitgeberin betreibt ein Krankenhaus mit ca. 850 Arbeitnehmern. Die CoronaSchVO des Landes, in dem dieses Krankenhaus liegt, schreibt für Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens die Aufstellung eines Besucherkonzeptes vor. In Erfüllung dieser Vorgabe hatte die Arbeitgeberin deshalb ein System zur Dokumentation des Zutritts und Aufenthalts betriebsfremder Personen auf dem Klinikgelände eingeführt. Den bei ihr gebildeten Betriebsrat beteiligte sie dabei nicht, sodass dieser seine Beteiligungsrechte gerichtlich geltend machte.

Das LAG Köln entschied, dass der Betriebsrat bei der Ausgestaltung eines Besucherkonzeptes gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG mitzubestimmen hat. Das Mitbestimmungsrecht beziehe sich auf Maßnahmen des Arbeitgebers zur Verhütung von Gesundheitsschäden, die Rahmenvorschriften konkretisieren. Es setzt ein, wenn eine gesetzliche Handlungspflicht objektiv besteht und mangels einer zwingenden gesetzlichen Vorgabe betriebliche Regelungen verlangt, um das vorgegebene Ziel des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu erreichen. Die CoronaSchVO regele die von der Arbeitgeberin im Besuchskonzept zu treffenden Maßnahmen nicht abschließend. Vielmehr bedürfe das zu erstellende Besucherkonzept der betrieblichen Ausgestaltung. Insofern bestehe ein Gestaltungsspielraum, bei dem der Betriebsrat mitzubestimmen habe.

Praxistipp

Bei der Erstellung von Besucherkonzepten sollte der Betriebsrat von vornherein mit einbezogen werden, um spätere gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen den Betriebsparteien zu vermeiden. Dies gilt nicht nur für Unternehmen der Gesundheitsbranche, sondern ganz allgemein für alle Unternehmen mit Besucherverkehr. Denn die Begründung der Gerichtsentscheidung lässt sich insoweit verallgemeinern.

Rechtsanwalt Dr. Lars Letzas
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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