{"id":3282,"date":"2021-10-01T14:37:30","date_gmt":"2021-10-01T12:37:30","guid":{"rendered":"https:\/\/www.korn-letzas.de\/?p=3282"},"modified":"2021-10-01T14:37:30","modified_gmt":"2021-10-01T12:37:30","slug":"handlungsmoeglichkeiten-des-arbeitgebers-bei-arbeitsunfaehigkeitsbescheinigung-ueber-www-au-schein-de","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.korn-letzas.de\/2021\/10\/01\/handlungsmoeglichkeiten-des-arbeitgebers-bei-arbeitsunfaehigkeitsbescheinigung-ueber-www-au-schein-de\/","title":{"rendered":"Handlungsm\u00f6glichkeiten des Arbeitgebers bei Arbeitsunf\u00e4higkeitsbescheinigung \u00fcber www.au-schein.de"},"content":{"rendered":"

In der Praxis werden Unternehmer zunehmend \u00a0mit dem Service eines Hamburger Start-ups konfrontiert, der \u201eOnline-Kranschreibungen\u201c per WhatsApp ohne vorherige Untersuchung erm\u00f6glicht.<\/p>\n

Das Angebot des Hamburger Unternehmens bietet Arbeitnehmern an, aus vorgegebenen Erk\u00e4ltungssymptomen die bestehenden Beschwerden auszuw\u00e4hlen und die erwartete Krankheitsdauer anzugeben. Nachdem die Patientendaten per WhatsApp \u00fcbermittelt wurden, erh\u00e4lt der Arbeitnehmer die AU-Bescheinigung zun\u00e4chst digital ebenfalls per WhatsApp, aber auch im Original per Post zugesandt. Auff\u00e4llig ist h\u00e4ufig die erheebliche Ortsverschiedenheit des behandelnden Arztes und dessen Fachgebiet.<\/p>\n

Tats\u00e4chlich betreibt \u00a0das Hamburger start-up www.au-schein.de<\/a> (jetzt wohl als Reaktion auf die Unterlassungsverf\u00fcgung des OLG Hamburg : www.drAnsay.com<\/a>) ein in einer rechtlichen Grauzone ein wahrscheinlich rechtswidriges Gesch\u00e4ftsmodell. Das BAG hat bereits 1976 entschieden (Urteil v. 11. August 1976 \u2013 5 AZR 422\/75<\/a>), dass beim Fehlen einer vorherigen Untersuchung \u00a0die Bescheinigung allein die Arbeitsunf\u00e4higkeit nicht beweisen kann, stattdessen m\u00fcsse der Arbeitnehmer diesen Beweis mittels anderer Beweismittel erbringen. In dem streitigen Fall wurde eine Bescheinigung ausgestellt, obwohl lediglich die Ehefrau des Arbeitnehmers diesen telefonisch bei dem behandelnden Arzt krankmeldete.<\/p>\n

Das LG Hamburg hat in einem aktuellen Urteil vom 3. September 2019 (406 HKO 56\/19<\/a>, best\u00e4tigt durch OLG Hamburg, Urteil vom 05.11.2020 – 5 U 175\/19) grunds\u00e4tzliche Zweifel an dem Gesch\u00e4ftsmodell des Hamburger Start-ups ge\u00e4u\u00dfert und mehrere Verst\u00f6\u00dfe gegen medizin- und wettbewerbsrechtliche Vorschriften festgestellt. Das Konzept wird so auch aus einer anderen Perspektive in Frage gestellt und die vorstehende Argumentation auch im Hinblick auf den Beweiswert der AU-Bescheinigung best\u00e4tigt.<\/p>\n

Interessant ist in diesem Zusammenhang der Verweis des Gerichts auf die notwendige Sorgfalt bei der Ausstellung \u00e4rztlicher Atteste \u2013 diese erfordere grunds\u00e4tzlich einen unmittelbaren Kontakt zwischen Arzt und Patient. Ohne diesen pers\u00f6nlichen Kontakt k\u00f6nne kein Arzt feststellen, ob der Patient tats\u00e4chlich an der von ihm selbst vermuteten oder behaupteten Krankheit leide. Auch k\u00f6nne nichts anderes f\u00fcr vergleichsweise leichte Erkrankungen wie Erk\u00e4ltungen gelten, weil die \u00e4rztliche Krankschreibung regelm\u00e4\u00dfig auch Grundlage f\u00fcr den Anspruch auf Entgeltfortzahlung sei. Auch die f\u00fcr die Bescheinigung der Arbeitsunf\u00e4higkeit wichtige Schwere der Erkrankung k\u00f6nne ohne unmittelbaren pers\u00f6nlichen Eindruck nicht zuverl\u00e4ssig eingesch\u00e4tzt werden.<\/p>\n

Die vorgelegte AU-Bescheinigung hat daher keinen bzw. nur einen geringen Beweiswert. Der Arbeitgeber kann daher alternativ<\/p>\n