Fortführung bestehender Aufträge im Insolvenzverfahren Envoltec GmbH

Dez 1, 2023   //   von tkorn   //   Insolvenzrecht

Im Rahmen des vorläufigen Insolvenzverfahrens werden gegenwärtig umfassende Gespräche mit der Geschäftsführung, Mitarbeitern, Subunternehmern und Kunden geführt. Der Geschäftsbetrieb der Insolvenzschuldnerin war bei Insolvenzantragstellung bereits faktisch eingestellt und konnte nicht wieder aufgenommen werden. Eine Fortführungslösung ist gegenwärtig nicht absehbar. Insgesamt bestehen Vertragsverhältnisse mit ca. 860 Kunden. Im Ergebnis lassen sich diese Verträge in die nachfolgenden Kategorien zuordnen:

  • Verträge mit Projektierung der Anlage ohne Lieferung und Baubeginn (Anzahlung 30 %)
  • Verträge mit DC-Montage/teilweiser Lieferung (2. Rate 50 %)
  • Verträge mit AC-Montage und Lieferung Speicher (3. Rate 10-20 %)
  • Verträge mit Restmängeln, fehlende Anmeldung beim Stromanbieter etc. (4. Rate 10 %).

Die Vertragsbedingungen und der Leistungsstand sind in den einzelnen Verträgen unterschiedlich und befindet sich in Prüfung. An den vorläufigen Insolvenzverwalter treten verschiedene Anbieter heran und wollen Verträge in unterschiedlichem Leistungsstand übernehmen. Vereinbarungen wurden hierzu nicht getroffen, und wären ohne Einbindung der betroffenen Kunden auch unwirksam. Im Vorfeld der Insolvenz soll eine Überleitung einzelner Verträge der dritten Leistungsgruppe an die vorher bereits für die Schuldnerin tätige JR GmbH erfolgt sein. Dieses Vorgehen ist im Vorfeld jedoch nicht mit dem Insolvenzverwalter abgestimmt oder von diesem genehmigt worden; die konkreten Absprachen sind unbekannt. Einzelne Kunden wurden insofern hinsichtlich einer Fortführung kontaktiert.

Im Rahmen des vorläufigen Insolvenzverfahrens lassen sich lediglich folgende Feststellungen zu einer möglichen Fortführung der Verträge treffen:

  • Die Insolvenzschuldnerin selbst kann mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Fortführung gewährleisten, es liegt weder das dafür erforderliche Material noch Personal vor, Interessenten für eine Fortführung des schuldnerischen Unternehmens sind nicht bekannt.
  • Es liegen mündliche Angebote Dritter vor, Verträge fortzuführen. Belastbare Angebote existieren noch nicht, ebenso wenig entsprechende Kalkulationen. Eine Vertragsüberleitung würde einen neuen Vertragsschluss und das Einverständnis des Kunden voraussetzen. Allein aus Datenschutzgründen können und dürfen Kundendaten nur mit Einverständnis der betreffenden Kunden weitergegeben werden
  • Soweit Dritte auf unbekannten Wegen an Kontaktdaten gekommen sind und eine Vertragsfortführung anbieten, sollten dies sorgfältig geprüft werden.
  • Soweit einzelne Kunden einen Dritten mit der Fertigstellung der Leistung durch ein Drittunternehmen ohne vertragliche Vereinbarung mit der Insolvenzschuldnerin (welche der Genehmigung des vorläufigen Insolvenzverwalters bedarf) beauftragen wollen, müssten sie den bestehenden Vertrag kündigen und mit dem Dritten einen neuen Vertrag schließen. Je nach Leistungsstand und vertraglicher Vereinbarungen dürfte bei einem entsprechenden Leistungsverzug die außerordentliche Kündigung gerechtfertigt seien. Die Voraussetzung der Kündigung und ihre Aussprache sollte jeder Betroffene aber im Vorfeld sorgfältig prüfen, eine pauschale Aussage lässt sich hierzu nicht treffen.

Es wird angestrebt, das Insolvenzverfahren nach Abschluss der Vorermittlungen zeitnah (voraussichtlich zu Beginn des Jahres 2024) zu eröffnen. Erst zu diesem Zeitpunkt lassen sich belastbare Aussagen treffen. Erst mit der Öffnung des Insolvenzverfahrens ist der dann vom Amtsgericht Leipzig -Insolvenzgericht- bestellte Insolvenzverwalter vollumfänglich  handlungsbefugt.

Dr. Thilo H. Korn, LL.M.
Insolvenzverwalter
Rechtsanwalt