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Fortführung bestehender Aufträge im Insolvenzverfahren Envoltec GmbH

Dez 1, 2023   //   by tkorn   //   Insolvenzrecht  //  No Comments

Im Rahmen des vorläufigen Insolvenzverfahrens werden gegenwärtig umfassende Gespräche mit der Geschäftsführung, Mitarbeitern, Subunternehmern und Kunden geführt. Der Geschäftsbetrieb der Insolvenzschuldnerin war bei Insolvenzantragstellung bereits faktisch eingestellt und konnte nicht wieder aufgenommen werden. Eine Fortführungslösung ist gegenwärtig nicht absehbar. Insgesamt bestehen Vertragsverhältnisse mit ca. 860 Kunden. Im Ergebnis lassen sich diese Verträge in die nachfolgenden Kategorien zuordnen:

  • Verträge mit Projektierung der Anlage ohne Lieferung und Baubeginn (Anzahlung 30 %)
  • Verträge mit DC-Montage/teilweiser Lieferung (2. Rate 50 %)
  • Verträge mit AC-Montage und Lieferung Speicher (3. Rate 10-20 %)
  • Verträge mit Restmängeln, fehlende Anmeldung beim Stromanbieter etc. (4. Rate 10 %).

Die Vertragsbedingungen und der Leistungsstand sind in den einzelnen Verträgen unterschiedlich und befindet sich in Prüfung. An den vorläufigen Insolvenzverwalter treten verschiedene Anbieter heran und wollen Verträge in unterschiedlichem Leistungsstand übernehmen. Vereinbarungen wurden hierzu nicht getroffen, und wären ohne Einbindung der betroffenen Kunden auch unwirksam. Im Vorfeld der Insolvenz soll eine Überleitung einzelner Verträge der dritten Leistungsgruppe an die vorher bereits für die Schuldnerin tätige JR GmbH erfolgt sein. Dieses Vorgehen ist im Vorfeld jedoch nicht mit dem Insolvenzverwalter abgestimmt oder von diesem genehmigt worden; die konkreten Absprachen sind unbekannt. Einzelne Kunden wurden insofern hinsichtlich einer Fortführung kontaktiert.

Im Rahmen des vorläufigen Insolvenzverfahrens lassen sich lediglich folgende Feststellungen zu einer möglichen Fortführung der Verträge treffen:

  • Die Insolvenzschuldnerin selbst kann mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Fortführung gewährleisten, es liegt weder das dafür erforderliche Material noch Personal vor, Interessenten für eine Fortführung des schuldnerischen Unternehmens sind nicht bekannt.
  • Es liegen mündliche Angebote Dritter vor, Verträge fortzuführen. Belastbare Angebote existieren noch nicht, ebenso wenig entsprechende Kalkulationen. Eine Vertragsüberleitung würde einen neuen Vertragsschluss und das Einverständnis des Kunden voraussetzen. Allein aus Datenschutzgründen können und dürfen Kundendaten nur mit Einverständnis der betreffenden Kunden weitergegeben werden
  • Soweit Dritte auf unbekannten Wegen an Kontaktdaten gekommen sind und eine Vertragsfortführung anbieten, sollten dies sorgfältig geprüft werden.
  • Soweit einzelne Kunden einen Dritten mit der Fertigstellung der Leistung durch ein Drittunternehmen ohne vertragliche Vereinbarung mit der Insolvenzschuldnerin (welche der Genehmigung des vorläufigen Insolvenzverwalters bedarf) beauftragen wollen, müssten sie den bestehenden Vertrag kündigen und mit dem Dritten einen neuen Vertrag schließen. Je nach Leistungsstand und vertraglicher Vereinbarungen dürfte bei einem entsprechenden Leistungsverzug die außerordentliche Kündigung gerechtfertigt seien. Die Voraussetzung der Kündigung und ihre Aussprache sollte jeder Betroffene aber im Vorfeld sorgfältig prüfen, eine pauschale Aussage lässt sich hierzu nicht treffen.

Es wird angestrebt, das Insolvenzverfahren nach Abschluss der Vorermittlungen zeitnah (voraussichtlich zu Beginn des Jahres 2024) zu eröffnen. Erst zu diesem Zeitpunkt lassen sich belastbare Aussagen treffen. Erst mit der Öffnung des Insolvenzverfahrens ist der dann vom Amtsgericht Leipzig -Insolvenzgericht- bestellte Insolvenzverwalter vollumfänglich  handlungsbefugt.

Dr. Thilo H. Korn, LL.M.
Insolvenzverwalter
Rechtsanwalt

Envoltec GmbH aus Schkeuditz: Vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet

Nov 24, 2023   //   by tkorn   //   Insolvenzrecht  //  No Comments

Durch Beschluss des Amtsgerichts Leipzig wurde am 17.11.2023 die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der Envoltec GmbH, Schkeuditz angeordnet. Die Einleitung des Insolvenzverfahrens beruht auf einem Eigenantrag der Gesellschaft. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Dr. Thilo Korn aus der Kanzlei Korn & Letzas PartG mbB in Leipzig bestellt.

Der vorläufige Verwalter verschafft sich derzeit ein umfassendes Bild über die aktuelle Situation sowie die Vermögensverhältnisse der Envoltec GmbH.

Unternehmensgegenstand der Envoltec GmbH war die Projektierung, der Vertrieb und die Erstellung von Solaranlagen im wesentlichen für Endverbraucher. Die Baudurchführung erfolgte durch Subunternehmer, lediglich der Wareneinkauf wurde durch das Unternehmen organisiert. Das Unternehmen war erst 2021 gegründet worden und sodann rasant auf über 50 Mitarbeiter gewachsen. Der Geschäftsbetrieb war bereits vor Antragstellung im Wesentlichen eingestellt worden. Ob eine Reaktivierung noch möglich ist, wird derzeit geprüft. Die Gründe für die Insolvenz sind noch im Einzelnen aufzuarbeiten.

Von der Insolvenz der Envoltec GmbH sind  voraussichtlich mindestens ca. 800 Kunden betroffen, deren Verträge in unterschiedlichen Leistungsphasen sind. Derzeit wird mit Hochdruck daran gearbeitet, den Verbleib von Anzahlungen aufzuklären sowie das Vermögen der Gesellschaft zu sichern.

Für die Kunden der Envoltec GmbH gilt: Auslieferungen von Waren können bis auf Weiteres nicht (mehr) erfolgen. Ob eine Fertigstellung von begonnenen Aufträgen durch die Insolvenzschuldnerin oder deren Subunternehmer im Rahmen der bestehenden Verträge erfolgen kann, ist zweifelhaft. Geleistete Anzahlungen an die Envoltec GmbH können aus insolvenzrechtlichen Gründen nicht erstattet werden. Alle insoweit Betroffenen können diese Forderungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausschließlich zur Insolvenztabelle anmelden. Die Gläubiger und Kunden werden hierüber zu gegebener Zeit gesondert informiert.

 

Erschwerte Vorsatzanfechtung bei Lieferanten

Apr 13, 2022   //   by tkorn   //   Insolvenzrecht  //  No Comments

Der BGH nutzt in seiner Entscheidung (BGH, Urteil vom 10.02.2022 – IX ZR 148/19) die Möglichkeit hinsichtlich der Anforderungen des § 133 InsO sowohl die Voraussetzung für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz als auch für die Kenntnis des Anfechtungsgegners weiter zu konkretisieren.

Der BGH fordert einen genaueren Blick auf die Entwicklung der konkreten Gesamtumstände mit Bezug zur Liquiditätslage. Für Insolvenzverwalter bedeutet dies, dass sie aufgrund der sekundären Darlegungslast künftig noch umfassender auch zu dem Zeitraum nach einer bereits eingetretenen Zahlungseinstellung vortragen müssen.

Für Anfechtungsgegner ist das nun festgehaltene Erfordernis einer Kenntnis der Liquiditätslage beim Anfechtungsgegner, die ihm eine Prognose zur Entwicklung der Liquiditätslage ermöglicht, von erheblicher Bedeutung. Dies soll bereits dann regelmäßig fehlen, wenn lediglich das Zahlungsverhalten im Verhältnis zum jeweiligen Anfechtungsgegner bekannt ist. Für Lieferanten und Dienstleister ist dies zur Abwehr von Anfechtungsansprüchen eine gute Nachricht, da die Durchsetzung einer Vorsatzanfechtung damit erheblich erschwert ist.

Das Urteil hat folgende Leitsätze:

  1. Wird die Verbindlichkeit, welche die Annahme einer Zahlungseinstellung des Schuldners trägt, erfüllt oder gestundet, und will der Verwalter die Vermutung der Fortdauer der Zahlungseinstellung für sich in Anspruch nehmen, kann er unter dem Gesichtspunkt der sekundären Darlegungslast gehalten sein, zum Zahlungsverhalten des Schuldners im Übrigen, insbesondere zu weiterhin nicht bedienten Verbindlichkeiten des Schuldners vorzutragen.
  2. Bezieht sich ein im Wesentlichen gleichbleibendes, dauerhaft schleppendes Zahlungsverhalten des späteren Schuldners auch auf einen Zeitraum, in dem der Schuldner seine Zahlungen unstreitig noch nicht eingestellt hatte, kann aus dem Zahlungsverhalten nicht auf eine später eingetretene Zahlungseinstellung geschlossen werden.
  3. Einem Anfechtungsgegner, der nur das Zahlungsverhalten des Schuldners ihm gegenüber kennt, fehlt in der Regel der für die Beurteilung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit erforderliche Überblick über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners.

I. Sachverhalt

Über das Vermögen einer Kapitalgesellschaft wurde im Jahr 2015 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter machte gegenüber einem Dienstleister, der in einer langjährigen ständigen Geschäftsbeziehung zur Insolvenzschuldnerin stand einen Anspruch von ca. 53.000 EUR geltend. Hintergrund waren 36 Einzelzahlungen im Zeitraum ab 2013. Zu diesem Zeitpunkt hatten sowohl das Finanzamt als auch ein Sozialversicherungsträger einen Insolvenzantrag gestellt, diesen aber nach Zahlungen Dritter für erledigt erklärt. Der Dienstleister hatte keine Kenntnis von diesen zusätzlichen Umständen. Er kannte ausschließlich das seit Jahren gleichbleibend schleppende Zahlungsverhalten der Insolvenzschuldnerin.

II. Rechtliche Wertung

Der BGH traf in diesem Urteil zwei wesentliche Feststellungen.

Zum einen hielt er fest, dass die Vermutung, dass die GmbH seit dem Insolvenzantrag im Jahr 2013 zahlungsunfähig sei wegen der Gesamtumstände nicht greife. Hierbei habe zwar grundsätzlich der Anfechtungsgegner die allgemeine Wiederaufnahme der Zahlung darzulegen. Der hierfür erforderliche Vortrag ist aber durch die sekundäre Darlegungslast des jeweiligen Insolvenzverwalters beschränkt. Hierbei reicht die bloß verzögerte Forderungsbegleichung nicht aus, vielmehr müssten Umstände hinzutreten, die darauf hindeuten, dass die verspäteten Zahlungen auf mangelnder Liquidität beruhten. Das Aufrechterhalten eines Zahlungsverhaltens, welches bereits vor Eintritt der Zahlungseinstellung bestand – hier die ohnehin schleppende Zahlung an Dienstleister – reicht hierfür nicht aus.

Zum anderen führte der BGH aus, dass auch nicht von der Kenntnis der Beklagten von einem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz ausgegangen werden könne. Die Annahme einer drohenden Zahlungsunfähigkeit erfordere eine in die Zukunft gerichtete Prognose zur Finanzlage. Kenne der Anfechtungsgegner nur das Zahlungsverhalten des Schuldners ihm gegenüber, fehle es regelmäßig an den für die Prognose notwendigen Kenntnissen, die zur Beurteilung der drohenden Zahlungsunfähigkeit erforderlich seien. Da der Insolvenzverwalter hier keinerlei Ausführungen zu weiteren Umständen gegenüber dem Anfechtungsgegner machte, die Insolvenzschuldnerin insbesondere weder erklärte, dass sie nicht mehr zahlungsfähig sei oder von ihrem bis dahin üblichen Teilwahrheiten abgewichen sei, sah der BGH das Merkmal der Kenntnis als nicht gegeben an.

Rechtsanwältin Sarah Müller
Insolvenzverwalterin

Forderungen aus unerlaubter Handlung – Möglichkeiten im Insolvenzplanverfahren

Mrz 9, 2022   //   by tkorn   //   Insolvenzrecht  //  No Comments

Ist es möglich, bei Insolvenzen mit Forderungen aus unerlaubter Handlung dennoch vollständige Restschuldbefreiung zu erlangen? – Ja! Allerdings nicht, wenn man das Insolvenzverfahren ohne zusätzliche Bemühungen durchläuft. Das Besondere ist nicht das Verfahren selbst, sondern die Erlangung der umfassenden Restschuldbefreiung trotz festgestellter Forderungen aus unerlaubter Handlung.

Immer wieder gibt es Schuldner, die sich lange noch irgendwie „über Wasser halten“ und dabei aber Forderungen bei Sozialversicherungsträgern, aus Unterhalt oder auch gegenüber dem Finanzamt aufbauen, die als Forderungen aus unerlaubter Handlung zu qualifizieren sind (§ 302 InsO). Für diese Forderungen kann auch bei einem ansonsten reibungslos verlaufenden Insolvenzverfahren keine Restschuldbefreiung erlangt werden.

Für die Durchführung eines Insolvenzplanverfahrens müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

1. Allgemeines
Wesentliche Voraussetzung ist, dass der Schuldner im Rahmen der Vorbereitung des Antrags und der Ausarbeitung des Insolvenzplans einen Überblick über die Anzahl der Gläubiger und die Höhe der Forderungen hat.

2. Besserstellung
Erfolgsbringend für die Umsetzung des Insolvenzplans ist der Gedanke der „Besserstellung“ der Gläubiger. Das bedeutet, dass der Schuldner in der Lage sein muss, einen zusätzlichen Geldbetrag zur Verfügung zu stellen, der den Gläubigern sonst nicht zur Verfügung stünde. Dabei ist die erforderliche Vergleichsrechnung im darstellenden Teil des Insolvenzplans ein wichtiger Part, in der die wirtschaftliche Stellung der Gläubiger im Regelverfahren und im Insolvenzplan gegenübergestellt wird. Gläubiger werden dem Plan nur zustimmen, wenn eine Besserstellung durch den Insolvenzplan im Vergleich zum Regelverfahren nachgewiesen werden kann. Dies gilt umso mehr bei Gläubigern mit Forderungen aus einer unerlaubten Handlung.

3. Bestandteile des Insolvenzplans
Der Insolvenzplan muss einen darstellenden und einen gestaltenden Teil enthalten (§ 219 Satz 1 InsO). Im darstellenden Teil des Insolvenzplans wird beschrieben, welche Maßnahmen nach der Eröffnung des Verfahrens getroffen worden sind oder noch getroffen werden, um die Grundlagen für die geplante Gestaltung der Rechte der Beteiligten zu schaffen. Außerdem sollen alle sonstigen Angaben zu den Grundlagen und Auswirkungen des Planes enthalten sein, damit die Gläubiger alle Informationen haben, die für die Zustimmung zum Plan und für dessen gerichtliche Bestätigung erheblich sind. Im gestaltenden Teil des Insolvenzplans (§ 221 InsO) wird dargestellt, inwiefern die Rechtsstellung der einzelnen Beteiligten durch den Plan geändert werden soll. Bei der Festlegung der Rechte der Beteiligten im Insolvenzplan sind Gläubigergruppen zu bilden, soweit Gläubigerinnen und Gläubiger mit unterschiedlicher Rechtsstellung betroffen sind.

Die Wahrscheinlichkeit einer Zustimmung zum Insolvenzplan kann dadurch erhöht werden, dass die Gläubiger in Gruppen eingeteilt werden und diese jeweils gesondert in ihren Gruppen über den Plan abstimmen. Dadurch können bekannte „obstruktive“ Gläubiger gemeinsam mit anderen, mehrheitlich, dem Plan zustimmenden Gläubigern in einer Gruppe sein, sodass diese überstimmt werden.

4. Abstimmung
Jede Gruppe der stimmberechtigten Gläubiger stimmt gesondert über den Insolvenzplan ab. Zur Annahme des Planes ist es gem. § 244 Abs. 1 InsO erforderlich, dass in jeder Gruppe die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger dem Plan zustimmt und die Summe der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Summe der Ansprüche der abstimmenden Gläubiger beträgt, sogenannte Kopf- und Summenmehrheit.

5. Wirkungen
Mit der Rechtskraft der Bestätigung des Plans treten die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen für und gegen alle Beteiligten ein. Hierdurch konnte sich der Schuldner von Forderungen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen befreien. Diese Möglichkeit wurde bereits vom BGH bestätigt.

Rechtsanwaltin Sarah Müller
Insolvenzverwalterin

Wie läuft ein Insolvenzverfahren ab

Feb 7, 2022   //   by tkorn   //   Insolvenzrecht  //  No Comments

Für Insolvenzverwalter, Sachbearbeiter und institutionelle Gläubiger ist der Ablauf eines Insolvenzverfahrens und die verschiedenen Abschnitte täglich Brot. Für andere Gläubiger und auch die Insolvenzschuldner selbst ist es oft das erste Mal, dass sie mit diesem Verfahren in Berührung kommen.

Der folgende Beitrag soll daher einen groben Überblick über den regelmäßigen Ablauf eines Insolvenzverfahrens einer natürlichen Person darstellen. Ausdrücklich nicht mitumfasst sind sogenannte Verbraucherinsolvenzen oder Insolvenzen über Kapitalgesellschaften.

Das Insolvenzverfahren besteht im Wesentlichen aus drei Teilen, im Insolvenzeröffnungsverfahren, dem Insolvenzverfahren und dem Restschuldbefreiungsverfahren (Wohlverhaltensperiode).

1. Insolvenzeröffnungsverfahren

Das Insolvenzverfahren beginnt mit dem Eingang eines Insolvenzantrages beim zuständigen Amtsgericht. Ein solcher Antrag kann vom Schuldner oder auch einem Gläubiger gestellt werden. Es gibt keine zwingenden Formvorschriften für die Stellung eines solchen Antrages, die Amtsgerichte bieten aber für den Eigenantrag Formulare und Merkblätter an.

Das Gericht überprüft dann summarisch, ob es sich um einen zulässigen Antrag handelt. Gesetzliche Gründe für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sind für die natürlichen Personen der Eintritt der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit. Zahlungsunfähig ist eine natürliche Person nach § 17 InsO, wenn der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen.

Ist dies der Fall, wird das Gericht einen Gutachter beauftragen. Dieser hat festzustellen, ob tatsächlich (drohende) Zahlungsunfähigkeit vorliegt und ob die Kosten für ein Insolvenzverfahren gedeckt sind. Diese Kostendeckung ist entweder gegeben, wenn ein Verfahrenskostenstundungsantrag gestellt wurde und diesem statt zu geben ist oder aus einem möglicherweise noch laufenden Geschäftsbetrieb genug Einnahmen generiert werden können, um die Kosten zu decken.

Der Gutachter versucht bei einem Unternehmen mit laufendem Geschäftsbetrieb sehr zeitnah das Unternehmen zu kontaktieren und die notwendigen Maßnahmen zur Fortführung des Betriebes zu veranlassen. In einem solchen Fall wird regelmäßig auch die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet. Häufig handelt es sich um eine sogenannte schwache vorläufige Insolvenzverwaltung, dies bedeutet, dass der Unternehmer selbst noch Verantwortlicher und Vertreter des Unternehmens ist Vermögensverfügungen aber nur noch mit der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind.

Bereits in dieser Phase des Verfahrens werden Sanierungschancen geprüft, hierbei werden insbesondere die Vorfinanzierung von Insolvenzgeld oder die Sicherstellung der Lieferfähigkeit angeschoben.

Natürliche Personen haben zu beachten, dass Anträge auf Restschuldbefreiung nur bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens möglich sind.

2. Eröffnetes Insolvenzverfahren

Liegen die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vor, wird das Insolvenzverfahren durch Beschluss des zuständigen Amtsgerichts eröffnet.

Mit Eröffnung ist der Insolvenzverwalter uneingeschränkt zuständig. Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das gesamte Vermögen des Insolvenzschuldners, dies beinhaltet sämtliche Rechte und Vertragsverhältnisse, geht auf den Insolvenzverwalter über.

Zeitnah, spätestens drei Monate nach dem Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens findet eine erste Gläubigerversammlung statt. In dieser Versammlung erläutert der Insolvenzverwalter in den bisherigen Gang und die Prognose für die Fortführung. Im weiteren Verfahrenslauf wird der Insolvenzverwalter versuchen das gesamte Vermögen zu verwerten oder umgangssprachlich zu Geld zu machen. In dieser Phase berichtet der Insolvenzverwalter regelmäßig, meist im Abstand von sechs Monaten über den Fortgang des Verfahrens.

Mit Abschluss des Verfahrens wird noch mal eine endgültige Schlussrechnung und ein Schlussbericht bei Gericht eingereicht und (hoffentlich) eine Quote an die Insolvenzgläubiger ausgezahlt. Häufig dauert ein solches Insolvenzverfahren mehrere Jahre und endet mit einem Aufhebungsbeschluss.

3. Restschuldbefreiungsverfahren (Wohlverhaltensperiode)

Bei natürlichen Personen ist das gerichtliche Verfahren mit dem Aufhebungsbeschluss noch nicht zu Ende, wenn ein Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung gestellt wurde. Jetzt schließt sich die sogenannte Wohlverhaltensperiode an. Die Restschuldbefreiung wird erteilt, wenn seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens drei Jahre vergangen sind und in dieser Zeit allen Verpflichtungen nachgekommen wurde. Die Verpflichtung teilt den Schuldnern der Insolvenzverwalter mit. In dieser Phase ist das Amt des Insolvenzverwalters bereits beendet er wird nunmehr als Treuhänder bezeichnet.

In diesem Zeitraum hat der Insolvenzschuldner unter anderem folgende Pflichten:

  1. Der Schuldner muss eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben bzw. sich darum bemühen; zumutbare Tätigkeiten darf er nicht ablehnen.
  2. Der Schuldner muss den pfändbaren Teil seines Einkommens an den Treuhänder abzuführen.
  3. Der Schuldner muss dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder jeden Wechsel der Wohnanschrift unverzüglich mitteilen.
  4. Der Schuldner muss Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erwirbt, zur Hälfte an den Treuhänder herausgeben.

Alle Beschlüsse in Insolvenzverfahren werden unter www.insolvenzbekanntmachungen.de veröffentlicht.

Rechtsanwältin Sarah Müller
Insolvenzverwalterin

Die Schufa darf Daten eines Insolvenzschuldners nicht länger verwerten als sie im „Insolvenzbekanntmachungsportal“ veröffentlicht sein dürfen

Jul 30, 2021   //   by tkorn   //   Insolvenzrecht  //  No Comments

Die Schufa darf Daten eines Insolvenzschuldners nicht länger verwerten als sie im „Insolvenzbekanntmachungsportal“ veröffentlicht sein dürfen,

teilt das OLG Schleswig mit einer Pressemitteilung am 05.07.2021 mit.

Ein Insolvenzschuldner hat einen Löschungsanspruch gegen die Schufa Holding AG, wenn sie diese Daten aus dem Insolvenzbekanntmachungsportal ohne gesetzliche Grundlage länger speichert und verarbeitet als in der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet (InsoBekVO) vorgesehen.

Zum Sachverhalt: Über das Vermögen des Klägers wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und schließlich wurde ihm am 11. September 2019 durch das Amtsgericht die Restschuldbefreiung erteilt. Diese Information wurde im amtlichen Internetportal veröffentlicht. Die Schufa kopierte die Daten von dort und pflegte sie in ihren Datenbestand ein, um Vertragspartnern diese Daten bei Auskunftsanfragen zum Kläger mitzuteilen. Der Kläger begehrte die Löschung der Daten von der Schufa, da die Verarbeitung zu erheblichen wirtschaftlichen und finanziellen Nachteilen bei ihm führe. Eine uneingeschränkte Teilhabe am Wirtschaftsleben sei ihm nicht möglich. Er könne aufgrund des Eintrags kein Darlehen aufnehmen, keinen Mietkauf tätigen und keine Wohnung anmieten. Derzeit könne er nicht einmal ein Bankkonto eröffnen. Die Schufa wies die Ansprüche des Klägers zurück und verwies darauf, dass sie die Daten entsprechend der Verhaltensregeln des Verbandes „Die Wirtschaftsauskunfteien e.V.“ erst drei Jahre nach Speicherung lösche. Die Daten seien bonitätsrelevante Informationen und daher für die Vertragspartner der Schufa von berechtigtem Interesse. Das Landgericht Kiel hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers vor dem 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts hatte Erfolg.

Aus den Gründen: Der Kläger kann von der Schufa die Löschung der Daten sechs Monate nach Rechtskraft der Entscheidung des Amtsgerichts über die Restschuldbefreiung verlangen. Nach Ablauf dieser Frist steht die weitere Verarbeitung durch die Schufa im Widerspruch zu § 3 Abs. 2 InsoBekVO und ist daher nicht mehr rechtmäßig im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. f) Datenschutz-Grundverordnung. Werden die Daten des Klägers unrechtmäßig verarbeitet, kann er die Löschung dieser Information nach Art. 17 Abs. 1 lit. d) Datenschutz-Grundverordnung von der Schufa verlangen und hat einen Anspruch auf künftige Unterlassung dieser Datenverarbeitung.

Die Schufa kann sich nicht darauf berufen, dass die Datenverarbeitung rechtmäßig sei, da sie ihren oder den berechtigten Interessen von Dritten diene. Ein Interesse kann nur dann berechtigt sein, wenn es nicht im Widerspruch zur Rechtsordnung oder den Grundsätzen von Treu und Glauben steht. Die Verarbeitung durch die Schufa steht aber nach Ablauf der gesetzlichen Löschungsfrist im Widerspruch zur gesetzlichen Wertung von § 3 Abs. 2 InsoBekVO, wonach die Information zur Entscheidung über die Restschuldbefreiung nur sechs Monate im Internetportal zu veröffentlichen ist. Die Verarbeitung und Weitergabe dieser Information an eine breite Öffentlichkeit durch die Beklagte kommt einer Veröffentlichung im Internet gleich und ist daher nach Ablauf der gesetzlichen Löschungsfrist zu unterlassen.

Die Schufa kann sich nicht auf die Verhaltensregeln des Verbandes der Wirtschaftsauskunfteien berufen. Diese Verhaltensregeln entfalten keine Rechtswirkung zulasten des Klägers und stehen im Widerspruch zur gesetzlichen Wertung.

(Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 2. Juli 2021, Az. 17 U 15/21, Revision ist zugelassen)

Praxishinweis

Sollte das mitgeteilte Urteil Bestand haben, hat dies erhebliche Auswirkungen für die Insolvenzschuldner. Bisher blieb der Eintrag über das Insolvenzverfahren 3 Jahre ab dem Ende des Jahres, in dem die Restschuldbefreiung erteilt wurde, bestehen. Der Insolvenzschuldner wurde also durch dieses Negativmerkmal deutlich länger, als vom Gesetzgeber intendiert, auf seine Insolvenz beschränkt. Der gesetzgeberische Wille sieht die Möglichkeit eines Neuanfangs nach rechtskräftiger Erteilung des Restschuldbefreiung vor. Diese Möglichkeit besteht deutlich realistischer, wenn die Einschränkungen durch einen negativen Schufa-Eintrag zeitlich angemessen beschränkt sind.

BGH sorgt für Klarheit bei D&O Versicherungsschutz

Mrz 26, 2021   //   by tkorn   //   Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht  //  No Comments

Die Geschäftsleitung ist der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden (§ 64 S.1 GmbHG, § 92 Abs. 2 AktG, 130a HGB).

Ein Geschäftsführer hatte nach Insolvenzreife des von ihm geführten Unternehmens noch solche Zahlungen veranlasst, dafür bestand ein Haftungsanspruch gem. § 64 Satz 1 GmbHG. Die beklagte Versicherung weigerte sich zu zahlen. Sie argumentierte, dass Ansprüche aus § 64 Satz 1 GmbHG nicht vom Versicherungsschutz erfasst seien. Die obergerichtliche Entscheidung begründete ihre einen Anspruch anlehnende Auffassung damit, dass es sich bei Ansprüchen gemäß § 64 S. 1 GmbHG um einen Ersatzanspruch eigener Art und nicht um einen Schadensersatzanspruch handelt.

Der BGH hat mit Urteil vom 18.11.2020 (IV ZR 217/19) Klarheit geschaffen.
Der BGH geht davon aus, dass die versicherungsrechtlichen Klauseln so auszulegen sein, wie es die zwar geschäftserfahrenen, aber juristisch oder versicherungsrechtlich nicht vorgebilde-ten Personen verstehen können. Einem solchen Geschäftsführer sei kein Unterschied zwischen den allgemeinen Haftungsansprüchen und den juristischen Ansprüchen eigener Art erkennbar.
Der durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer wähne sich bei ver-ständiger Würdigung aufgrund der D&O-Versicherung in seinem Handeln gegenüber der Ge-sellschaft geschützt. Deshalb sei der in Rede stehende Erstattungsanspruch von der Versiche-rung erfasst. Zudem stellte der BGH klar, dass vom Versicherungsschutz daher nicht vor-nehmlich die Vermögensinteressen der Versicherungsnehmerin (also des Unternehmens), sondern die des versicherten Geschäftsführers umfasst sein.

Praxishinweis

Die Schwierigkeiten im täglichen Geschäft eines GmbH-Geschäftsführers in der Krise sind mit der Rechtsprechung des BGH nicht gelöst. Allerdings besteht nun zumindest die beruhi-gende Gewissheit, dass im Falle eines Fehlers oder einer Fehleinschätzung, die sich unter den Bedingungen der COVID-19-Pandemie nicht immer vermeiden lassen wird, Versicherungs-schutz für das Privatvermögen des Geschäftsführers über die D&O-Versicherung besteht.

Rechtsanwältin Sarah Müller

Insolvenz AvP – Welche Risiken und Möglichkeiten bestehen?

Sep 22, 2020   //   by tkorn   //   Insolvenzrecht  //  No Comments

Seit letzter Woche warten Apotheker, die über das Apothekenrechenzentrums AvP abgerechnet haben auf ihr Geld – es drohen existenzgefährdende Liquiditätsengpässe. Der (vorläufige) Insolvenzverwalters und die Staatsanwaltschaft sondieren die Lage.

  • Mit kurzfristigen Zahlung ist nicht zu rechnen. Wie kommen Sie an Ihr Geld?
    • Lassen Sie die Anmeldung von Ansprüchen im Insolvenzfahren von einem Rechtsanwalt prüfen.
    • Wir prüfen für Sie, ob Zahlungen von den gesetzlichen Krankenkassen für über AvP abgerechnete Rezepte zu fordern sind.
    • Wir verhandeln mit Ihren Gläubigern.

Mitunter ist ein Schutzschirmverfahren oder eine Insolvenz in Eigenverwaltung zu beantragen. Dies ist nur möglich, wenn rechtzeitig gehandelt wird – wir beraten Sie auch hierzu.

  • Ihre Verträge haben trotzdem Bestand. Was müssen Sie schnellstmöglich erledigen?
    • Die Erklärung einer außerordentlichen, fristlose Kündigung, Widerruf von Einzugsermächtigungen bei AvP; Widerruf von Abtretungen an AvP; Sicherung von Daten – wir unterstützen Sie bei der Prüfung und Formulierung der Schreiben.
  • Was ist bei bereits erhaltenen Abschlagszahlungen zu beachten?
    • Diese könnten der Insolvenzanfechtung unterliegen (§ 129 ff. InsO), dann müssen in einem späteren Insolvenzverfahren bereits erhaltene Zahlungen zurück gewährt werden.
    • Wir unterstützen Sie in der Prüfung. Prävention und Abwehr von möglichen Anfechtungsansprüchen.

Vertrauen Sie auf unsere wirtschafts- und insolvenzrechtliche Expertise und lassen Sie sich in dieser schwierigen Situation individuell beraten.

Wir stehen Ihnen gerne auch kurzfristig für Gespräche zur Verfügung.

Dr. Thilo H. Korn LL.M.                       Sarah Müller
Rechtsanwalt                                     Rechtsanwältin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Insolvenzrecht

 

Neue gesetzliche Regelungen

Mrz 30, 2020   //   by tkorn   //   Handelsrecht, Insolvenzrecht, Mietrecht, Zivilrecht  //  No Comments

Neben den von der Bundesregierung und in den Ländern bereits beschlossenen Hilfsmaßnahmen wurden am 25.03.2020 umfangreiche Gesetzesänderungen im Bundestag beschlossen.

Die wesentlichen Änderungen im Überblick:

  1. Infektionsschutzgesetz (IfSG)

Der Bundestag kann eine „ epidemische Lage von nationaler Tragweite“ ausrufen. Hierfür wurde der § 5 IfSG angepasst. Die Regelungen der § 5 Abs. 1 bis 6 und § 5a IfSG werden zunächst bis zum 31. März 2021 befristet. Bisher wurden Maßnahmen des Infektionsschutzgesetzes von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt. Dies hat in den vergangenen Wochen bei den Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie zu sehr unterschiedlich strengen Auflagen für die Bürger geführt.

Nach Änderung des § 5 IfSG kann nun das Bundesministerium für Gesundheit Maßnahmen zur Grundversorgung anordnen. Zudem kann es den Patenschutz aufheben und anordnen, so dass eine Erfindung in Bezug etwa auf medizinische Produkte wie Arzneimittel „im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt oder im Interesse der Sicherheit des Bundes benutzt werden soll“.

Vor allen Dingen aber hat das Bundesministerium für Gesundheit nun Zugriff auf Reisende und für ihre jeweiligen Daten. Es kann nunmehr bei Reisenden eine Auskunft zum Gesundheitszustand und/oder ihren Impfschutz verlangen. Es kann sogar anordnen, dass sich Personen ärztlich untersuchen lassen.

  1. Schutz für Selbstständige

Selbstständige die ansonsten keinen Zugang zu sozialstaatlichen Hilfsmitteln wie ALG II, ALG I, Kurzarbeiter- oder Insolvenzgeld haben, sollen diese Grundsicherung in einem vereinfachten Verfahren erhalten können. Auch hierfür sollen die entsprechenden Formulare zeitnah zur Verfügung gestellt werden. Zu beachten ist aber, dass die Frage der Bedürftigkeit im Nachgang dennoch überprüft werden soll.

Die vom Bund angekündigte Soforthilfe kann über die jeweiligen Bundesländer beantragt werden. Für Sachsen erfolgt der Antrag bei das SAB. Er ist über folgende Website verfügbar.

  1. Leistungsverweigerungsrechte

Der Bundestag hat ein Moratorium für die Erfüllung vertraglicher Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen beschlossen. Damit soll sichergestellt werden, dass etwa Strom, Gas, Telefon, Internet und Wasser nicht abgestellt werden, wenn Verbraucher und Kleinstunternehmer wegen der Corona-Pandemie die Rechnung nicht bezahlen können.

Für Mietverhältnisse über Grundstücke oder über Räume wurde das Recht der Vermieter zur Kündigung von Mietverhältnissen eingeschränkt. Kündigungen dürfen bis zum 30.6.2020 nicht ausgesprochen werden, wenn der Mieter die Miete wegen der Corona-Pandemie nicht zahlen kann. Die grundsätzliche Pflicht zur Zahlung der Miete besteht aber weiterhin.

Die Leistungsverweigerungsrechte sollen bestehen

  • wenn der Schuldner aufgrund der von der Corona-Pandemie außer Stande ist, seine vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen;
  • ohne seinen angemessenen Lebensunterhalt oder den seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen zu gefährden;
  • bei Unternehmen gilt dies, wenn die Umstände auf die Corona-Pandemie zurück zu führen sind und die Leistung nicht erbracht werden kann, ohne die wirtschaftlichen Grundlagen ihres Erwerbsbetriebes zu gefährden.

Dieses soll aber im Umkehrschluss dann nicht gelten, wenn die Ausübung für den dadurch betroffenen Gläubiger unzumutbar ist, weil dadurch die wirtschaftliche Grundlage seines Gewerbebetriebes gefährdet würde.

Die Zahlungsrückstände, die zwischen dem 01.04.2020 und dem 30.06.2020 durch diese Regelung eingetreten sind, müssen bis spätestens zum 30.06.2022 ausgeglichen werden, sonst kann auch wegen dieser Rückstände anschließend wieder gekündigt werden.

Unser Kollege Michael Knoch berät Sie zu Ihren Fragen zum Mietrecht.

  1. Insolvenzrecht

Die Insolvenzantragspflicht wird bis zum 30.09.2020 ausgesetzt. Hierfür wurde das neue Covit-19-InsolvenzaussetzungsG beschlossen.

Dies gilt nicht, wenn die Insolvenz auf anderen Ursachen als den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruht oder keine Aussicht auf die Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit besteht. Es soll lediglich verhindert werden, dass ein Unternehmen allein deshalb einen Insolvenzantrag stellen muss, weil die Anträge auf staatliche Förderung noch nicht bearbeitet wurden oder noch nicht zum Erfolg geführt haben.

Für Unternehmen, die zum 30.12.2019 zahlungsfähig waren, besteht eine Vermutung dafür, dass die Insolvenzreife auf der Pandemie beruht. Die mit der Insolvenzantragpflicht in Zusammenhang stehenden Regelungen (insbesondere § 64 GmbHG) sollen gelockert werden.

Bestehen erkennbar später keine realistischen Sanierungsaussichten, bleibt die Insolvenzantragspflicht bestehen.

Sollte sich Ihr Unternhmen mit diesen Fragen auseinandersetzen müssen, stehen Ihnen unsere Kollegen Dr. Thilo H. Korn LL.M., Dr. Lars Letzas, Sarah Müller und Thomas Nicklisch aus dem Kompetenzteam „Insolvenz, Sanierung und Strukturierung“ gern für ein individuelle Beratung zur Verfügung.

  1. „Versammlungen“

Für Gesellschaften, Genossenschaften, Vereine, Stiftungen und Wohnungseigentümergemeinschaften werden ebenfalls Regelung aufgestellt, die es ermöglichen weiterhin Beschlüsse zu fassen, auch wenn eine physische Zusammenkunft der Mitglieder nicht möglich ist.

Sollten Sie vor der Herausforderung der Vorbereitung einer Versammlung stehen, unterstützen Sie unsere Kollegen Dr. Thilo H. Korn LL.M., Dr. Lars Letzas und Thomas Nicklisch gern bei der Vorbereitung und Durchführung dieser.

  1. Strafverfahren

Auch bisher konnten Hauptverhandlung im Strafrecht maximal drei Monate und zehn Tage unterbrochen werden, wenn Angeklagter oder Richter krank sind. Künftig soll diese Unterbrechungsmöglichkeit auch dann gelten, wenn es sich lediglich um Schutzmaßnahmen im Rahmen der Corona-Pandemie handelt.

 

Der Bundestag hat weiter seine Geschäftsordnung angepasst, so dass die Handlungsfähigkeit auch während der Corona-Pandemie erhalten bleibt.

Fördermittel in der Corona Krise

Mrz 26, 2020   //   by tkorn   //   Arbeitsrecht, Handelsrecht, Insolvenzrecht, Mietrecht, Zivilrecht  //  No Comments

Die globale Ausbreitung des Coronavirus‘ stellt Deutschland vor beispiellose Herausforderungen. Viele Unternehmen in allen Unternehmensgrößen geraten durch die strengen staatlichen Maßnahmen in starke wirtschaftliche Schwierigkeiten. Um neben dem Gesundheitsschutz die Wirtschaft zu schützen und so Arbeitsplätze zu erhalten, gibt es mehrere Maßnahmenpakete.

Diese sollen vor allem rechtzeig die Liquidität sichern. Trotzdem gibt es nicht die eine Lösung für alle Unternehmen. Die benötigten Hilfen sollten auf Ihr Unternehmen angepasst sein.

Von den jeweiligen Stellen schnellstmögliche Bearbeitung zugesagt. Dennoch ist von einem Sturm auf die Fördermaßnahmen und einer damit einher gehenden Verzögerung der Auszahlung auszugehen.

 

Folgende liquiditätssichernde Maßnahmen sind geplant bzw. können bereits beantragt werden:

Eine Übersicht der aktuell bestehenden Fördermittel, welche wir regelmäßig aktualisieren werden, finden Sie unter folgenden Link:

Fördermittel – Corona

Daneben gibt es weitere Maßnahmen – wie steuerliche Hilfspakete, Kurzarbeitergeld; ein weitreichendes Leistungsverweigerungsrecht; voraussichtlich ein Kündigungsverbot für Mietverhältnisse unter bestimmten Voraussetzungen; Stundungen bei Darlehen und die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht.

 

Gern beraten wir Sie persönlich zu Ihren individuellen Fördermöglichkeiten.

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