Forderungen aus unerlaubter Handlung – Möglichkeiten im Insolvenzplanverfahren

Mrz 9, 2022   //   von tkorn   //   Insolvenzrecht

Ist es möglich, bei Insolvenzen mit Forderungen aus unerlaubter Handlung dennoch vollständige Restschuldbefreiung zu erlangen? – Ja! Allerdings nicht, wenn man das Insolvenzverfahren ohne zusätzliche Bemühungen durchläuft. Das Besondere ist nicht das Verfahren selbst, sondern die Erlangung der umfassenden Restschuldbefreiung trotz festgestellter Forderungen aus unerlaubter Handlung.

Immer wieder gibt es Schuldner, die sich lange noch irgendwie „über Wasser halten“ und dabei aber Forderungen bei Sozialversicherungsträgern, aus Unterhalt oder auch gegenüber dem Finanzamt aufbauen, die als Forderungen aus unerlaubter Handlung zu qualifizieren sind (§ 302 InsO). Für diese Forderungen kann auch bei einem ansonsten reibungslos verlaufenden Insolvenzverfahren keine Restschuldbefreiung erlangt werden.

Für die Durchführung eines Insolvenzplanverfahrens müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

1. Allgemeines
Wesentliche Voraussetzung ist, dass der Schuldner im Rahmen der Vorbereitung des Antrags und der Ausarbeitung des Insolvenzplans einen Überblick über die Anzahl der Gläubiger und die Höhe der Forderungen hat.

2. Besserstellung
Erfolgsbringend für die Umsetzung des Insolvenzplans ist der Gedanke der „Besserstellung“ der Gläubiger. Das bedeutet, dass der Schuldner in der Lage sein muss, einen zusätzlichen Geldbetrag zur Verfügung zu stellen, der den Gläubigern sonst nicht zur Verfügung stünde. Dabei ist die erforderliche Vergleichsrechnung im darstellenden Teil des Insolvenzplans ein wichtiger Part, in der die wirtschaftliche Stellung der Gläubiger im Regelverfahren und im Insolvenzplan gegenübergestellt wird. Gläubiger werden dem Plan nur zustimmen, wenn eine Besserstellung durch den Insolvenzplan im Vergleich zum Regelverfahren nachgewiesen werden kann. Dies gilt umso mehr bei Gläubigern mit Forderungen aus einer unerlaubten Handlung.

3. Bestandteile des Insolvenzplans
Der Insolvenzplan muss einen darstellenden und einen gestaltenden Teil enthalten (§ 219 Satz 1 InsO). Im darstellenden Teil des Insolvenzplans wird beschrieben, welche Maßnahmen nach der Eröffnung des Verfahrens getroffen worden sind oder noch getroffen werden, um die Grundlagen für die geplante Gestaltung der Rechte der Beteiligten zu schaffen. Außerdem sollen alle sonstigen Angaben zu den Grundlagen und Auswirkungen des Planes enthalten sein, damit die Gläubiger alle Informationen haben, die für die Zustimmung zum Plan und für dessen gerichtliche Bestätigung erheblich sind. Im gestaltenden Teil des Insolvenzplans (§ 221 InsO) wird dargestellt, inwiefern die Rechtsstellung der einzelnen Beteiligten durch den Plan geändert werden soll. Bei der Festlegung der Rechte der Beteiligten im Insolvenzplan sind Gläubigergruppen zu bilden, soweit Gläubigerinnen und Gläubiger mit unterschiedlicher Rechtsstellung betroffen sind.

Die Wahrscheinlichkeit einer Zustimmung zum Insolvenzplan kann dadurch erhöht werden, dass die Gläubiger in Gruppen eingeteilt werden und diese jeweils gesondert in ihren Gruppen über den Plan abstimmen. Dadurch können bekannte „obstruktive“ Gläubiger gemeinsam mit anderen, mehrheitlich, dem Plan zustimmenden Gläubigern in einer Gruppe sein, sodass diese überstimmt werden.

4. Abstimmung
Jede Gruppe der stimmberechtigten Gläubiger stimmt gesondert über den Insolvenzplan ab. Zur Annahme des Planes ist es gem. § 244 Abs. 1 InsO erforderlich, dass in jeder Gruppe die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger dem Plan zustimmt und die Summe der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Summe der Ansprüche der abstimmenden Gläubiger beträgt, sogenannte Kopf- und Summenmehrheit.

5. Wirkungen
Mit der Rechtskraft der Bestätigung des Plans treten die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen für und gegen alle Beteiligten ein. Hierdurch konnte sich der Schuldner von Forderungen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen befreien. Diese Möglichkeit wurde bereits vom BGH bestätigt.

Rechtsanwaltin Sarah Müller
Insolvenzverwalterin