Wie läuft ein Insolvenzverfahren ab

Feb 7, 2022   //   von tkorn   //   Insolvenzrecht

Für Insolvenzverwalter, Sachbearbeiter und institutionelle Gläubiger ist der Ablauf eines Insolvenzverfahrens und die verschiedenen Abschnitte täglich Brot. Für andere Gläubiger und auch die Insolvenzschuldner selbst ist es oft das erste Mal, dass sie mit diesem Verfahren in Berührung kommen.

Der folgende Beitrag soll daher einen groben Überblick über den regelmäßigen Ablauf eines Insolvenzverfahrens einer natürlichen Person darstellen. Ausdrücklich nicht mitumfasst sind sogenannte Verbraucherinsolvenzen oder Insolvenzen über Kapitalgesellschaften.

Das Insolvenzverfahren besteht im Wesentlichen aus drei Teilen, im Insolvenzeröffnungsverfahren, dem Insolvenzverfahren und dem Restschuldbefreiungsverfahren (Wohlverhaltensperiode).

1. Insolvenzeröffnungsverfahren

Das Insolvenzverfahren beginnt mit dem Eingang eines Insolvenzantrages beim zuständigen Amtsgericht. Ein solcher Antrag kann vom Schuldner oder auch einem Gläubiger gestellt werden. Es gibt keine zwingenden Formvorschriften für die Stellung eines solchen Antrages, die Amtsgerichte bieten aber für den Eigenantrag Formulare und Merkblätter an.

Das Gericht überprüft dann summarisch, ob es sich um einen zulässigen Antrag handelt. Gesetzliche Gründe für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sind für die natürlichen Personen der Eintritt der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit. Zahlungsunfähig ist eine natürliche Person nach § 17 InsO, wenn der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen.

Ist dies der Fall, wird das Gericht einen Gutachter beauftragen. Dieser hat festzustellen, ob tatsächlich (drohende) Zahlungsunfähigkeit vorliegt und ob die Kosten für ein Insolvenzverfahren gedeckt sind. Diese Kostendeckung ist entweder gegeben, wenn ein Verfahrenskostenstundungsantrag gestellt wurde und diesem statt zu geben ist oder aus einem möglicherweise noch laufenden Geschäftsbetrieb genug Einnahmen generiert werden können, um die Kosten zu decken.

Der Gutachter versucht bei einem Unternehmen mit laufendem Geschäftsbetrieb sehr zeitnah das Unternehmen zu kontaktieren und die notwendigen Maßnahmen zur Fortführung des Betriebes zu veranlassen. In einem solchen Fall wird regelmäßig auch die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet. Häufig handelt es sich um eine sogenannte schwache vorläufige Insolvenzverwaltung, dies bedeutet, dass der Unternehmer selbst noch Verantwortlicher und Vertreter des Unternehmens ist Vermögensverfügungen aber nur noch mit der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind.

Bereits in dieser Phase des Verfahrens werden Sanierungschancen geprüft, hierbei werden insbesondere die Vorfinanzierung von Insolvenzgeld oder die Sicherstellung der Lieferfähigkeit angeschoben.

Natürliche Personen haben zu beachten, dass Anträge auf Restschuldbefreiung nur bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens möglich sind.

2. Eröffnetes Insolvenzverfahren

Liegen die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vor, wird das Insolvenzverfahren durch Beschluss des zuständigen Amtsgerichts eröffnet.

Mit Eröffnung ist der Insolvenzverwalter uneingeschränkt zuständig. Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das gesamte Vermögen des Insolvenzschuldners, dies beinhaltet sämtliche Rechte und Vertragsverhältnisse, geht auf den Insolvenzverwalter über.

Zeitnah, spätestens drei Monate nach dem Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens findet eine erste Gläubigerversammlung statt. In dieser Versammlung erläutert der Insolvenzverwalter in den bisherigen Gang und die Prognose für die Fortführung. Im weiteren Verfahrenslauf wird der Insolvenzverwalter versuchen das gesamte Vermögen zu verwerten oder umgangssprachlich zu Geld zu machen. In dieser Phase berichtet der Insolvenzverwalter regelmäßig, meist im Abstand von sechs Monaten über den Fortgang des Verfahrens.

Mit Abschluss des Verfahrens wird noch mal eine endgültige Schlussrechnung und ein Schlussbericht bei Gericht eingereicht und (hoffentlich) eine Quote an die Insolvenzgläubiger ausgezahlt. Häufig dauert ein solches Insolvenzverfahren mehrere Jahre und endet mit einem Aufhebungsbeschluss.

3. Restschuldbefreiungsverfahren (Wohlverhaltensperiode)

Bei natürlichen Personen ist das gerichtliche Verfahren mit dem Aufhebungsbeschluss noch nicht zu Ende, wenn ein Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung gestellt wurde. Jetzt schließt sich die sogenannte Wohlverhaltensperiode an. Die Restschuldbefreiung wird erteilt, wenn seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens drei Jahre vergangen sind und in dieser Zeit allen Verpflichtungen nachgekommen wurde. Die Verpflichtung teilt den Schuldnern der Insolvenzverwalter mit. In dieser Phase ist das Amt des Insolvenzverwalters bereits beendet er wird nunmehr als Treuhänder bezeichnet.

In diesem Zeitraum hat der Insolvenzschuldner unter anderem folgende Pflichten:

  1. Der Schuldner muss eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben bzw. sich darum bemühen; zumutbare Tätigkeiten darf er nicht ablehnen.
  2. Der Schuldner muss den pfändbaren Teil seines Einkommens an den Treuhänder abzuführen.
  3. Der Schuldner muss dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder jeden Wechsel der Wohnanschrift unverzüglich mitteilen.
  4. Der Schuldner muss Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erwirbt, zur Hälfte an den Treuhänder herausgeben.

Alle Beschlüsse in Insolvenzverfahren werden unter www.insolvenzbekanntmachungen.de veröffentlicht.

Rechtsanwältin Sarah Müller
Insolvenzverwalterin