Kein Anspruch auf Erstattung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung nach Ende des Arbeitsverhältnisses
Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses hat der ehemalige Arbeitgeber gegen seinen Arbeitnehmer auch dann keinen Anspruch auf Erstattung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung, wenn der Abzug vom Lohn irrtümlich unterblieb (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.06.2020 – Az.: 2 Sa 240/19 – in: BeckRS 2020, 27527).
Zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer war zunächst ein geringfügiges Arbeitsverhältnis vereinbart. Der Arbeitnehmer arbeitete aber erheblich mehr Stunden als vereinbart und erhielt dafür während des Arbeitsverhältnisses Vergütung in bar, insgesamt 6.261,25 EUR ausgezahlt. Das Arbeitsverhältnis endete durch arbeitgeberseitige Kündigung. Nachträglich meldete der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Sozialversicherung an und führte den Gesamtsozialversicherungsbeitrag ausgehend von 6.261,25 EUR brutto ab. Der Arbeitgeber verlangt vom Arbeitnehmer nun die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung, da dieser nur Anspruch auf den Nettobetrag aus 6.261,25 EUR, 4.685,45 EUR, hatte.
Das LAG Rheinland-Pfalz wies die Klage ab. Dem Anspruch des Arbeitgebers steht § 28 g SGB IV entgegen, wonach nur innerhalb eines bestehenden Arbeitsverhältnisses die Arbeitnehmeranteile im Rahmen des Lohnabzugsverfahrens gegen den Arbeitnehmer geltend gemacht werden können. Unerheblich ist, ob der Abzug der Arbeitnehmeranteile am Sozialversicherungsbeitrag bewusst, irrtümlich oder im Rahmen sogenannter Schwarzarbeit erfolgte.
Praxistipp
Die Entscheidung bewegt sich zwar offenkundig im Bereich der Schwarzarbeit. Gleichwohl verdeutlicht sie einmal mehr, dass sich Arbeitgeber bei der Lohnabrechnung stets bewusst machen sollten, dass die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung gem. § 28g SGB IV nur im bestehenden Arbeitsverhältnis, in den nächsten drei Lohnabrechnungen und im Wege des Lohnabzugsverfahrens geltend gemacht werden können. Werden Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung fehlerhaft nicht oder nicht vollständig vom Lohn abgezogen, ist schnelles Handeln gefragt – gerne stehen wir Ihnen dabei beratend und unterstützend zur Seite!
Rechtsanwältin Dr. Ute Schmidt
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Fachanwältin für Sozialrecht
Maître en Droit
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