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Müssen Gewerberaummieter während der Zeit der behördlich angeordneten Schließungen die volle Miete zahlen?

Mrz 26, 2021   //   by tkorn   //   Mietrecht  //  No Comments

Der Streit um die Anpassung von Gewerbemietverhältnissen in Zeiten von Corona beschäftigt zunehmend die Gerichte. Am 24.02.2021 entschied das Oberlandesgericht Dresden, dass eine Störung der (großen) Geschäftsgrundlage des Mietvertrages im Sinne von § 313 Abs. 1 BGB vorliege und der Vertrag anzupassen sei. Dies habe durch eine hälftige Reduzierung der Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung zu erfolgen (OLG Dresden, Urteil v. 24.02.2021, Az. 5 U 1782/20).

Auch wenn die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist und die Frage der Vertragsanpassung wohl erst vom Bundesgerichtshof in letzter Instanz entschieden werden wird, sollten betroffene Gewerberaummieter spätestens jetzt auf Ihren Vermieter zugehen und die Vertragsanpassung verlangen.

Rechtsanwalt Michael Knoch
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

BGH sorgt für Klarheit bei D&O Versicherungsschutz

Mrz 26, 2021   //   by tkorn   //   Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht  //  No Comments

Die Geschäftsleitung ist der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden (§ 64 S.1 GmbHG, § 92 Abs. 2 AktG, 130a HGB).

Ein Geschäftsführer hatte nach Insolvenzreife des von ihm geführten Unternehmens noch solche Zahlungen veranlasst, dafür bestand ein Haftungsanspruch gem. § 64 Satz 1 GmbHG. Die beklagte Versicherung weigerte sich zu zahlen. Sie argumentierte, dass Ansprüche aus § 64 Satz 1 GmbHG nicht vom Versicherungsschutz erfasst seien. Die obergerichtliche Entscheidung begründete ihre einen Anspruch anlehnende Auffassung damit, dass es sich bei Ansprüchen gemäß § 64 S. 1 GmbHG um einen Ersatzanspruch eigener Art und nicht um einen Schadensersatzanspruch handelt.

Der BGH hat mit Urteil vom 18.11.2020 (IV ZR 217/19) Klarheit geschaffen.
Der BGH geht davon aus, dass die versicherungsrechtlichen Klauseln so auszulegen sein, wie es die zwar geschäftserfahrenen, aber juristisch oder versicherungsrechtlich nicht vorgebilde-ten Personen verstehen können. Einem solchen Geschäftsführer sei kein Unterschied zwischen den allgemeinen Haftungsansprüchen und den juristischen Ansprüchen eigener Art erkennbar.
Der durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer wähne sich bei ver-ständiger Würdigung aufgrund der D&O-Versicherung in seinem Handeln gegenüber der Ge-sellschaft geschützt. Deshalb sei der in Rede stehende Erstattungsanspruch von der Versiche-rung erfasst. Zudem stellte der BGH klar, dass vom Versicherungsschutz daher nicht vor-nehmlich die Vermögensinteressen der Versicherungsnehmerin (also des Unternehmens), sondern die des versicherten Geschäftsführers umfasst sein.

Praxishinweis

Die Schwierigkeiten im täglichen Geschäft eines GmbH-Geschäftsführers in der Krise sind mit der Rechtsprechung des BGH nicht gelöst. Allerdings besteht nun zumindest die beruhi-gende Gewissheit, dass im Falle eines Fehlers oder einer Fehleinschätzung, die sich unter den Bedingungen der COVID-19-Pandemie nicht immer vermeiden lassen wird, Versicherungs-schutz für das Privatvermögen des Geschäftsführers über die D&O-Versicherung besteht.

Rechtsanwältin Sarah Müller

Seminar – Der Arbeitsvertrag in der Krise – alte und neue Baustellen der Vertragsgestaltung

Mrz 22, 2021   //   by tkorn   //   Arbeitsrecht  //  No Comments

Die Corona-Krise hat Vieles zum Vorschein gebracht, darunter auch, ob Arbeitsverträge „krisensicher“ gestaltet sind und damit auf außergewöhnliche Situationen die passenden Antworten geben. Plötzlich bedarf es Regelungen zur Kurzarbeit, zu Versetzung ins Home Office oder zu mobilem Arbeiten. Gleichzeitig gewinnen „altbekannte“ Klauseln wie Befristungen, Freiwilligkeitsvorbehalte oder Ausschlussklauseln in der Krise an Bedeutung, um Unternehmern flexibles Handeln bei gleichzeitiger wirtschaftlicher Kalkulierbarkeit zu ermöglichen.

Die wichtigsten Klauseln werden im Rahmen dieser Schulung vorgestellt. Die Teilnehmer werden für die dabei zu berücksichtigenden rechtlichen und praktischen Probleme sensibilisiert. Dabei erhebt die Schulung nicht den Anspruch auf Vollständigkeit – das ist angesichts der dynamischen tatsächlichen und rechtlichen Entwicklung nahezu ausgeschlossen – aber gibt den Teilnehmern das nötige Rüstzeug, um auf die derzeitige und etwaige künftige Sondersituationen angemessen zu reagieren.

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Bei der Aufstellung eines Besucherkonzeptes nach den Vorgaben der CoronaSchVO ist der Betriebsrat zu beteiligen

Mrz 22, 2021   //   by tkorn   //   Arbeitsrecht  //  No Comments

Der Betriebsrat eines Krankenhauses hat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bei der Ausgestaltung eines Besuchskonzepts iSd. CoronaSchVO mitzubestimmen (vgl. LAG Köln, Beschluss vom 22.01.2021, Az.: 9 TaBV 58/ 20).

Die Arbeitgeberin betreibt ein Krankenhaus mit ca. 850 Arbeitnehmern. Die CoronaSchVO des Landes, in dem dieses Krankenhaus liegt, schreibt für Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens die Aufstellung eines Besucherkonzeptes vor. In Erfüllung dieser Vorgabe hatte die Arbeitgeberin deshalb ein System zur Dokumentation des Zutritts und Aufenthalts betriebsfremder Personen auf dem Klinikgelände eingeführt. Den bei ihr gebildeten Betriebsrat beteiligte sie dabei nicht, sodass dieser seine Beteiligungsrechte gerichtlich geltend machte.

Das LAG Köln entschied, dass der Betriebsrat bei der Ausgestaltung eines Besucherkonzeptes gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG mitzubestimmen hat. Das Mitbestimmungsrecht beziehe sich auf Maßnahmen des Arbeitgebers zur Verhütung von Gesundheitsschäden, die Rahmenvorschriften konkretisieren. Es setzt ein, wenn eine gesetzliche Handlungspflicht objektiv besteht und mangels einer zwingenden gesetzlichen Vorgabe betriebliche Regelungen verlangt, um das vorgegebene Ziel des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu erreichen. Die CoronaSchVO regele die von der Arbeitgeberin im Besuchskonzept zu treffenden Maßnahmen nicht abschließend. Vielmehr bedürfe das zu erstellende Besucherkonzept der betrieblichen Ausgestaltung. Insofern bestehe ein Gestaltungsspielraum, bei dem der Betriebsrat mitzubestimmen habe.

Praxistipp

Bei der Erstellung von Besucherkonzepten sollte der Betriebsrat von vornherein mit einbezogen werden, um spätere gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen den Betriebsparteien zu vermeiden. Dies gilt nicht nur für Unternehmen der Gesundheitsbranche, sondern ganz allgemein für alle Unternehmen mit Besucherverkehr. Denn die Begründung der Gerichtsentscheidung lässt sich insoweit verallgemeinern.

Rechtsanwalt Dr. Lars Letzas
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Kein Anspruch auf Erstattung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung nach Ende des Arbeitsverhältnisses 

Mrz 17, 2021   //   by tkorn   //   Arbeitsrecht  //  No Comments

Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses hat der ehemalige Arbeitgeber gegen seinen Arbeitnehmer auch dann keinen Anspruch auf Erstattung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung, wenn der Abzug vom Lohn irrtümlich unterblieb (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.06.2020 – Az.: 2 Sa 240/19 – in: BeckRS 2020, 27527).

Zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer war zunächst ein geringfügiges Arbeitsverhältnis vereinbart. Der Arbeitnehmer arbeitete aber erheblich mehr Stunden als vereinbart und erhielt dafür während des Arbeitsverhältnisses Vergütung in bar, insgesamt 6.261,25 EUR ausgezahlt. Das Arbeitsverhältnis endete durch arbeitgeberseitige Kündigung. Nachträglich meldete der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Sozialversicherung an und führte den Gesamtsozialversicherungsbeitrag ausgehend von 6.261,25 EUR brutto ab. Der Arbeitgeber verlangt vom Arbeitnehmer nun die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung, da dieser nur Anspruch auf den Nettobetrag aus 6.261,25 EUR, 4.685,45 EUR, hatte.

Das LAG Rheinland-Pfalz wies die Klage ab. Dem Anspruch des Arbeitgebers steht § 28 g SGB IV entgegen, wonach nur innerhalb eines bestehenden Arbeitsverhältnisses die Arbeitnehmeranteile im Rahmen des Lohnabzugsverfahrens gegen den Arbeitnehmer geltend gemacht werden können. Unerheblich ist, ob der Abzug der Arbeitnehmeranteile am Sozialversicherungsbeitrag bewusst, irrtümlich oder im Rahmen sogenannter Schwarzarbeit erfolgte.

Praxistipp

Die Entscheidung bewegt sich zwar offenkundig im Bereich der Schwarzarbeit. Gleichwohl verdeutlicht sie einmal mehr, dass sich Arbeitgeber bei der Lohnabrechnung stets bewusst machen sollten, dass die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung gem. § 28g SGB IV nur im bestehenden Arbeitsverhältnis, in den nächsten drei Lohnabrechnungen und im Wege des Lohnabzugsverfahrens geltend gemacht werden können. Werden Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung fehlerhaft nicht oder nicht vollständig vom Lohn abgezogen, ist schnelles Handeln gefragt – gerne stehen wir Ihnen dabei beratend und unterstützend zur Seite!

 

Rechtsanwältin Dr. Ute Schmidt
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Fachanwältin für Sozialrecht
Maître en Droit

Pauschal gezahlte Zuschläge für Nacht- und Sonntagsarbeit sind nicht steuerfrei

Mrz 2, 2021   //   by tkorn   //   Arbeitsrecht, Arbeitsrecht  //  No Comments

Eine vom Arbeitgeber neben dem Grundlohn gezahlte monatliche Pauschale für Nacht- und/oder Sonntagsarbeit ist nicht steuerfrei, wenn diese ohne Rücksicht auf die tatsächlich er­brachten Leistungen gezahlt wird. (FG Düsseldorf, Urteil vom 27.11.2020 – Az.: 10 K 410/17 H(L) – in: BeckRS 2020, 38286).

Sachverhalt

Die Klägerin betrieb ein Kino und zahlte an einige ihrer Arbeitnehmer neben dem Grundlohn eine monatlich gleichbleibende Pauschale für Nacht- und/oder Sonntagsarbeit. Diese behandelte sie in den Lohnabrechnungen als steuerfrei, weil sie innerhalb der Grenzen des § 3b EstG blieben. Das beklagte Finanzamt ging dagegen von einer Steuerpflicht der Zuschläge aus. Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung seien nicht erfüllt, weil die gezahlten Zuschläge nicht für die tatsächlich geleistete Arbeit, sondern pauschal gezahlt worden seien.

Die Entscheidung des FG

Das FG hat die Klage in Fortführung der bestehenden Rechtsprechung zu pauschalen Zuschlägen abgewiesen und führt im Wesentlichen zur Begründung aus:

Pauschale Zuschläge, die ohne Rücksicht auf tatsächlich erbrachte Leistungen zu diesen Zeiten gezahlt werden, sind nur dann steuerfrei, wenn sie als Abschlagszahlungen oder Vorschüsse auf die spätere Einzelabrechnung geleistet werden. Erforderlich ist dafür eine Abrechnung vor Ausstellung der Lohnsteuerbescheinigung spätestens am Ende des Kalenderjahres nach § 41b I S. 1 EStG. Unterbleibt eine Abrechnung solcher Zuschläge, so geben Arbeitgeber und Arbeitnehmer dadurch zu erkennen, dass es sich bei den im Kalenderjahr geleisteten SFN-Zuschlägen von vornherein nicht um Abschlagszahlungen oder Vorauszahlungen auf im Einzelnen zu ermittelnde Zuschläge für die jeweiligen Stunden an Sonntagen, Feiertagen und zur Nachtarbeit, sondern um – steuerpflichtige – pauschale Zuschläge ohne Rücksicht auf die tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit gehandelt hat.

Praxistipp

Bei der pauschalen Abgeltung von Zuschlägen ist Vorsicht geboten! Auf den ersten Blick mögen sie eine praktisch einfache Lösung darstellen. Fehlt aber am Ende die Abrechnung und damit die Verknüpfung zwischen tatsächlich geleisteten zuschlagspflichtigen Arbeitsstunden und gezahlten Zuschlägen, drohen erhebliche Nachzahlungen bei der Lohnsteuer und in einem weiteren Schritt bei den Sozialversicherungsbeiträgen. Da dies häufig erst bei Betriebsprüfungen auffällt, ergibt sich bei der im Sozialversicherungsrecht geltenden 4-jährigen Regelverjährungsfrist eine erhebliche Hebelwirkung, die für einige Unternehmen schnell existenzbedrohend werden kann!