Browsing articles by "tkorn, Autor bei Korn & Letzas Rechtsanwälte PartG mbB - Seite 4 von 4"

BAG: Befristung des Arbeitsvertrags eines künstlerisch tätigen Mitarbeiters

Jan 29, 2018   //   by tkorn   //   Arbeitsrecht  //  No Comments

BAG: Der Arbeitsvertrag mit einer Maskenbildnerin kann eine künstlerische Leistung zum Gegenstand haben und deshalb gem. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG befristet werden

BAG, Urteil vom 13.12.2017 – 7 AZR 369/16

Sachverhalt:

Die Klägerin ist Maskenbildnerin und war bei dem Beklagten an dessen Theater beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die tariflichen Bestimmungen des Normalvertrags Bühne (NV Bühne) Anwendung. Der bis zum 31.08.2014 befristete Arbeitsvertrag enthielt eine Klausel, wonach die Klägerin überwiegend künstlerisch tätig ist. Der Vertrag sollte sich nach Ablauf der Befristung um ein Jahr verlängern, wenn der Beklagte keine Nichtverlängerungsmitteilung gemäß § 69 NV Bühne ausspricht. Im Juli 2013 sprach der Beklagte eine Nichtverlängerungsmitteilung zum 31.08.2014 aus. Mit ihrer Klage wendete die Klägerin sich gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.08.2014. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen.

Entscheidung des BAG:

Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Das BAG entschied, dass die Befristung des Arbeitsvertrags wegen der besonderen Eigenart der Arbeitsleistung gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt ist. Nach der Auffassung des BAG gehören auch Maskenbildner zum Bühnenpersonal, sofern im Arbeitsvertrag vereinbart worden ist, dass der Arbeitnehmer als Maskenbildner überwiegend künstlerisch tätig ist.

Folgen für die Praxis:

Zur rechtswirksamen Befristung von Arbeitsverträgen im künstlerischen Bereich müssen Arbeitgeber sicherstellen, dass die Befristung im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG mit der Eigenart der erbrachten Arbeitsleistung gerechtfertigt werden kann. Nach der Rechtsprechung des BAG ist es erforderlich, dass der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich zur Erbringung einer künstlerischen Leistung verpflichtet ist. Diese Voraussetzung können Arbeitgeber durch die Aufnahme entsprechender Klauseln in den Arbeitsvertrag erfüllen, sofern die Tätigkeit tatsächlich eine überwiegend künstlerische ist.

Quelle: Pressemitteilung des BAG Nr. 56/17 zu BAG, Urteil vom 13.12.2017 – 7 AZR 369/16 aus: http://juris.bundesarbeitsgericht.de; Vorinstanz: LAG Köln, Urteil vom 17.05.2016 – 12 Sa 991/15

Florian Lange, Rechtsanwalt

OLG Hamm: Vertragsnichtigkeit auch bei nachträglicher „Ohne-Rechnung-Abrede“

Dez 21, 2017   //   by tkorn   //   Zivilrecht  //  No Comments

OLG Hamm: Vertragsnichtigkeit auch bei nachträglicher „Ohne-Rechnung-Abrede“

OLG Hamm, Urteil vom 18.10.2017 – 12 U 115/16

Sachverhalt:

Die Klägerin schloss mit dem Beklagten im Jahr 2006 einen Vertrag über Architektenleistungen der Leistungsphasen 1 bis 7 der HOAI. Während des laufenden Vertragsverhältnisses wies der Beklagte die Klägerin auf die „Nichtauskömmlichkeit“ des offiziell vereinbarten Honorars hin. Die Klägerin zahlte dem Beklagten daraufhin vor Stellung der Schlussrechnung einen Betrag von EUR 5.000,00 in bar und ohne Rechnung. Dieser Betrag wurde nicht in die Schlussrechnung aufgenommen. Mit ihrer Klage verlangte die Klägerin vom Beklagten Schadensersatz und den Ersatz von Mängelbeseitigungskosten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Entscheidung des OLG Hamm:

Die Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg. Die geltend gemachten Ansprüche bestanden nicht, da der Vertrag wegen eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG gemäß § 134 BGB nichtig war. Nach diesen Vorschriften ist ein Vertrag nichtig, wenn ein Unternehmer eine Dienst- oder Werkleistung erbringt, ohne seine steuerlichen Pflichten zu erfüllen, der Besteller Kenntnis davon hat und diesen Umstand zu seinen Gunsten ausnutzt. Diese Voraussetzungen waren hier erfüllt. Das OLG Hamm ging davon aus, dass der Klägerin bekannt war, dass der Beklagte für den erhaltenen Betrag von EUR 5.000,00 keine Umsatzsteuer entrichten wollte. Die Klägerin habe diesen Umstand ausgenutzt. Das gelte auch bei einer nachträglichen Schwarzgeldabrede, da andernfalls der Schutzzweck des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes nicht hinreichend berücksichtigt werde. Eine Teilnichtigkeit kam nicht in Betracht, da die Zahlung sich nicht erkennbar auf einen abgrenzbaren Teil der Leistung des Beklagten bezog.

Folgen für die Praxis:

Nachdem der BGH bereits im Jahr 2013 entschieden hat, dass die „Ohne-Rechnung-Abrede“ zum Verlust jeglicher Mängelgewährleistungsansprüche führt, hat das OLG Hamm nun klargestellt, dass auch eine nachträgliche Schwarzgeldabrede zur Vertragsnichtigkeit führt. Der Vertrag lässt sich nicht dadurch „retten“, dass die Schwarzgeldabrede und der Vertragsschluss zeitlich auseinander fallen.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 18.10.2017 – 12 U 115/16, juris; Vorinstanz: LG Siegen, Urteil vom 21.07.2016 – 5 O 52/10

Florian Lange, Rechtsanwalt

Verjährung des Anspruchs des Handelsvertreters auf Erteilung des Buchauszugs

Nov 13, 2017   //   by tkorn   //   Handelsrecht  //  No Comments

BGH: Anspruch des Handelsvertreters auf Buchauszug droht schon im laufenden Vertragsverhältnis zu verjähren

BGH, Urteil vom 03.08.2017 – VII ZR 32/17

Sachverhalt:

Der Kläger war für die Beklagte bis zum 31.12.2014 als Handelsvertreter tätig. Im laufenden Vertragsverhältnis hatte die Beklagte die Provisionen monatlich ordnungsgemäß abgerechnet. Nach seinem Ausscheiden erhob der Kläger im Jahr 2015 Klage und verlangte die Erteilung eines Buchauszugs für den Zeitraum bis zum 31.12.2014. Das LG gab der Klage statt. Das OLG wies die Klage für den Zeitraum bis zum 30.11.2011 ab, da der Anspruch insoweit verjährt sei.

Entscheidung des BGH:

Die Revision des Klägers blieb ohne Erfolg. Der Anspruch des Klägers auf Erteilung eines Buchauszugs ist für den Zeitraum bis zum 30.11.2011 verjährt.

Der Anspruch des Handelsvertreters auf Erteilung eines Buchauszugs verjährt gemäß §§ 195, 199 BGB innerhalb von drei Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt bzw. ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

Der Anspruch auf Erteilung des Buchauszugs ist entstanden, wenn der Unternehmer dem Handelsvertreter eine abschließende Provisionsabrechnung, ohne Einschränkungen und Vorbehalte, erteilt hat. Daneben sind für die Entstehung des Anspruchs auf Erteilung eines Buchauszugs keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Es ist nicht erforderlich, dass der Handelsvertreter Zweifel an der Richtigkeit der Abrechnung hat. Die Abrechnung muss nicht vollständig sein. Weiterhin ist es nicht erforderlich, dass der Handelsvertreter den Anspruch geltend macht. Schließlich ist die Entstehung des Anspruchs nicht von der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses abhängig.

Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erlangt der Handelsvertreter mit Erteilung der abschließenden Provisionsabrechnung.

Folgen für die Praxis:

Der BGH hat mit diesem Urteil zu den einzelnen Voraussetzungen des Anspruchs des Handelsvertreters auf Erteilung des Buchauszugs und den verjährungsrechtlichen Folgen Stellung genommen. Da für diesen Anspruch weder die Vollständigkeit des Buchauszugs noch die Geltendmachung durch den Handelsvertreter notwendige Voraussetzungen für die Anspruchsentstehung sind, kann der Anspruch schon im laufenden Vertragsverhältnis verjähren. Hat der Handelsvertreter Zweifel an der Richtigkeit der erteilten Abrechnungen, muss er den Anspruch unter Umständen im laufenden Vertragsverhältnis geltend machen, um die drohende Verjährung abzuwenden. Auf die damit verbundenen „Missstimmungen“ zwischen den Vertragsparteien nimmt der BGH keine Rücksicht. Der Unternehmer kann den Anspruch hingegen durch eine ordnungsgemäße und vorbehaltlose Abrechnung der Provisionsansprüche fällig stellen und so den Lauf der Verjährung in Gang setzen.

Quelle: BGH, Urteil vom 03.08.2017 – VII ZR 32/17, BeckRS 2017, 121447, Vorinstanz: OLG Hamm, Urteil vom 30.01.2017 – 18 U 96/16

Florian Lange, Rechtsanwalt

 

Mindestlohn bei Feiertagsentgelt, Nachtzuschlag und Urlaubsentgelt

Okt 23, 2017   //   by tkorn   //   Arbeitsrecht  //  No Comments

Feiertagsentgelt, Nachtzuschlag und tarifliches Urlaubsentgelt müssen auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns berechnet werden.

BAG, Urteil vom 20. September 2017 – 10 AZR 171/16

Sachverhalt:

Die Klägerin war bei der Beklagten zu einem Stundenverdienst von brutto EUR 7,00 (bzw. EUR 7,15) zzgl. einer „Zulage nach Mindestlohngesetz“ beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand ein Tarifvertrag Anwendung, der einen Nachtarbeitszuschlag von 25% des Stundenverdienstes und ein Urlaubsentgelt in Höhe des 1,5fachen durchschnittlichen Arbeitsverdienstes vorsah. Die beklagte Arbeitgeberin berechnete den Nachtarbeitszuschlag jedoch auf der Grundlage des vertraglichen Grundlohns von brutto EUR 7,00 und rechnete den als „Urlaubsentgelt“ gezahlten Betrag auf den Mindestlohn an. Die Klägerin verlangte die Vergütung aller Arbeits-, Urlaubs- und Feiertagsstunden des Monats Januar 2015 mit dem damals geltenden Mindestlohn von brutto EUR 8,50. ArbG und LAG gaben der Klage statt.

Entscheidung des BAG:

Die Revision der Beklagten blieb ohne Erfolg. Das BAG hat entschieden, dass der tarifliche Nachtarbeitszuschlag auf Grundlage des Mindestlohngesetzes zu berechnen ist. Eine abweichende Berechnung auf Grundlage des Tariflohns ist unzulässig, da der Nachtarbeitszuschlag nach den Bestimmungen des Tarifvertrags auf Grundlage des tatsächlichen Stundenverdienstes zu zahlen ist, der nur mindestens der jeweils geltende gesetzliche Mindestlohn sein kann. Auf den zu zahlenden Mindestlohn kann das tarifliche Urlaubsentgelt nicht angerechnet werden, da die Regelung des Tarifvertrags einen eigenständigen Anspruch auf Zahlung des Urlaubsentgelts begründet und es sich dabei nicht um Entgelt für erbrachte Arbeitsleistungen handelt.

Außerdem hat die Entgeltfortzahlung an Feiertagen gemäß § 2 Abs. 1 EFZG auf Grundlage des Mindestlohngesetzes zu erfolgen. Das BAG begründet diese Entscheidung mit dem Entgeltausfallprinzip und dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 EFZG. Danach hat der Arbeitnehmer für die Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertags ausgefallen ist, einen Anspruch auf Zahlung des Arbeitsentgelts, welches er ohne den Arbeitsausfall erhalten hatte.

Folgen des Urteils für die Praxis:

Das BAG hat klargestellt, dass sich der seit dem 01.01.2015 geltende gesetzliche Mindestlohn auch auf die Entgeltfortzahlung an Feiertagen und die Berechnung von eventuellen Nachtarbeitszuschlägen auswirkt. Hingegen sind Sonn- und Feiertagszuschläge mindestlohnwirksam und nicht grundsätzlich zusätzlich zum Mindestlohn zu zahlen (zuletzt: BAG, Urteil vom 24.05.2017 – 5 AZR 431/16). Eine Besonderheit gilt bis zum 31.12.2017 für tarifgebundene Arbeitgeber, die bisher unter Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 24 Abs. 1 MiLoG weniger als den gesetzlichen Mindestlohn bezahlen. Für diese Arbeitgeber entfaltet das Urteil zunächst keine Wirkung. Allerdings sind die Ausnahmevorschriften schon ab dem 01.01.2018 nicht mehr anwendbar.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 40/17 zu BAG, Urteil vom 20. September 2017 – 10 AZR 171/16 aus: http://juris.bundesarbeitsgericht.de;  Vorinstanz: Sächsisches LAG, Urteil vom 27.01.2016 – 2 SA 375/15

Florian Lange, Rechtsanwalt

Praktikerfrühstück am 15.11.2017, 8.30 Uhr

Sep 26, 2017   //   by tkorn   //   Insolvenzrecht  //  No Comments

Die Leipziger Fachseminare GmbH lädt zum Praktikerfrühstück

Strategische Sanierungs- und Krisenberatung
am 15. November 2017
von 8:30 Uhr Uhr bis 11:00 Uhr

in die Herfurthsche Villa in Leipzig (Karl-Tauchnitz-Straße 10) ein.

Fast täglich wird in den Tageszeitungen über Insolvenzverfahren und Restrukturierungsmaßnahmen berichtet. In der letzten Zeit waren dies vor allem die Unister Holding GmbH, IMO Leipzig GmbH und die Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG. In diesen Artikeln, aber sicher auch zunehmend in Ihrer Beratungspraxis werden Begriffe wie Schutzschirmverfahren, Insolvenzplan, Eigenverwaltung, Sachwalter und Asset Deal thematisiert. In unserem Praktikerfrühstück „Strategische Sanierungs- und Krisenberatung“ werden unsere Dozenten, die Rechtsanwälte und Fachanwälte für Insolvenzrecht Dr. Thilo H. Korn, LL.M. und Dr. Christian Bergner, diese Sanierungsinstrumente einordnen und anhand von praktischen Fällen erläutern. Gleichzeitig können Sie mit einem (ebenfalls gehaltvollen) Frühstück in den Tag starten.           

Nähere Informationen zum Programm, zu den Referenten und dem Veranstaltungsort können Sie dem beiliegenden Flyer entnehmen. Zur direkten Anmeldung klicken Sie bitte hier. 

Wir freuen uns auf Sie!

 

 

Infoveranstaltung in der HWK Leipzig

Aug 18, 2017   //   by tkorn   //   Insolvenzrecht  //  No Comments

Änderung des Insolvenzanfechtungsrechts – Risiken minimieren

 

Unsere Rechtsanwälte und Fachanwälte für Insolvenzrecht Dr. Thilo H. Korn, LL.M. und Dr. Christian Bergner werden

am 19. September 2017 von 17:00 Uhr bis 19:00 Uhr

in der Handwerkskammer zu Leipzig, Haus des Handwerks, Dresdner Straße 11/13, 04103 Leipzig

die aktuellen Gesetzesänderungen im Insolvenzrecht und ihre Auswirkungen auf den Wirtschaftsverkehr erläutern sowie Hinweise für die Abwehr von Insolvenzanfechtungsansprüchen geben. Weitere Informationen erhalten Sie unter https://www.hwk-leipzig.de/termine/aenderung-des-insolvenzanfechtungsrechts-risiken-minimieren-3,0,evedetail.html?eve=1018

 

Neue Partnerin: Rechtsanwältin Dr. Dagmar Unger-Hellmich

Aug 1, 2017   //   by tkorn   //   Arbeitsrecht  //  No Comments

Zum 01.08.2017 ist

Frau Dr. Dagmar Unger-Hellmich
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

als Partnerin in unsere Kanzlei eingetreten. Dr. Unger-Hellmich war langjährig federführend in der arbeitsrechtlichen Abteilung der renommierten Kanzlei CMS Hasche Sigle am Standort Leipzig tätig und betreute dort zahlreiche namhafte Unternehmen und anspruchsvolle Privatmandanten.

Mit der Aufnahme von Dr. Unger-Hellmich vertiefen wir unsere Expertise als eine der führenden arbeitsrechtlichen Kanzleien in Mitteldeutschland insbesondere im Bereich des Vertragsrechts sowie des kollektiven Arbeitsrechts. Damit stehen Ihnen in unserem Hause nunmehr vier Fachanwälte für Arbeitsrecht sowohl individuell wie auch als Arbeitsgruppe zur Bearbeitung komplexer Vorgänge als Ansprechpartner und Berater zur Verfügung.

 

Vorsicht bei Verfallsklauseln!

Sep 6, 2016   //   by tkorn   //   Arbeitsrecht  //  No Comments

Eine vom Arbeitgeber als Allgemeine Geschäftsbedingung gestellte arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung, die auch den Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 der am 1. August 2010 in Kraft getretenen Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (PflegeArbbV) erfasst, verstößt im Anwendungsbereich dieser Verordnung gegen § 9 Satz 3 in Verbindung mit § 13 AEntG.

Sachverhalt:

Die Klägerin war vom 15. Juli bis zum 15. Dezember 2013 beim Beklagten, der damals einen ambulanten Pflegedienst betrieb, als Pflegehilfskraft beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthielt als Allgemeine Geschäftsbedingung eine Verfallklausel, nach der alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Bei Ablehnung oder Nichtäußerung der Gegenpartei binnen zwei Wochen nach der Geltendmachung sollte Verfall eintreten, wenn der Anspruch nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

Die Klägerin war vom 19. November bis zum 15. Dezember 2013 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Der Beklagte hatte trotz ärztlicher Bescheinigung Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit und leistete keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. In dem von der Klägerin am 2. Juni 2014 anhängig gemachten Verfahren hat sich der Beklagte darauf berufen, der Anspruch sei jedenfalls wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung verfallen. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Beklagten ist im Wesentlichen erfolglos geblieben. Die Klägerin hat für den durch die Arbeitsunfähigkeit bedingten Arbeitsausfall nach § 3 Abs. 1 EFZG Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Diesen musste sie nicht innerhalb der arbeitsvertraglich vorgesehenen Fristen geltend machen. Die nach Inkrafttreten der PflegeArbbV vom Beklagten gestellte Klausel verstößt gegen § 9 Satz 3 AEntG und ist deshalb unwirksam, so dass der Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV nicht wegen Versäumung der vertraglichen Ausschlussfrist erlischt. Für andere Ansprüche kann die Klausel nicht aufrechterhalten werden, weil dem das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB entgegensteht.

Auswirkungen auf die Praxis:

Der Fall hat seit Inkrafttreten des MiLoG über den Anwendungsbereich der PflegeArbbV hinaus Bedeutung für die Wirksamkeit von Verfallsklauseln in Arbeitsverträgen. Arbeitgeber sollten ihre Arbeitsverträge diesbezüglich prüfen und den Anwendungsbereich der Verfallsklauseln dahingehend einschränken, dass Ansprüche aus dem MiLoG und Ansprüche wegen vorsätzlichen Handelns nicht erfasst werden sollen. Andernfalls droht die Unwirksamkeit der gesamten Verfallsklausel. Arbeitnehmer können dann bis zur Grenze der Verjährung etwaige Ansprüche geltend machen.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 44/16 zu BAG, Urteil vom 24.8.2016, Az.: 5 AZR 703/15
aus: http://juris.bundesarbeitsgericht.de

Dr. Ute Schmidt, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, Maître en Droit

BAG bestätigt hohe Hürden für wirksame krankheitsbedingte Kündigung

Okt 27, 2015   //   by tkorn   //   Arbeitsrecht  //  No Comments

Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des BAG:

1. Eine lang andauernde krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit in der unmittelbaren Vergangenheit stellt ein gewisses Indiz für die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit in der Zukunft dar. Der Arbeitgeber genügt deshalb seiner Darlegungslast für eine negative Prognose zunächst, wenn er die bisherige Dauer der Erkrankung und die ihm bekannten Krankheitsursachen vorträgt.

2. Bei krankheitsbedingter dauernder Leistungsunfähigkeit ist in aller Regel ohne Weiteres von einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen auszugehen. Die völlige Ungewissheit einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit steht einer krankheitsbedingten dauernden Leistungsunfähigkeit gleich, wenn – ausgehend vom Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung – jedenfalls in den nächsten 24 Monaten mit einer Genesung nicht gerechnet werden kann.

3. Um darzutun, dass die Kündigung dem Verhältnismäßigkeitsprinzip genügt und ihm keine milderen Mittel zur Überwindung der krankheitsbedingten Störung des Arbeitsverhältnisses als die Beendigungskündigung offenstanden, muss der Arbeitgeber, der entgegen § 84 II SGB IX kein bEM durchgeführt hat, dessen objektive Nutzlosigkeit darlegen. Hierzu hat er umfassend und detailliert vorzutragen, warum – auch nach gegebenenfalls zumutbaren Umorganisationsmaßnahmen – weder ein weiterer Einsatz auf dem bisherigen Arbeitsplatz noch dessen leidensgerechte Anpassung oder Veränderung möglich gewesen wären und der Arbeitnehmer auch nicht auf einem anderen Arbeitsplatz bei geänderter Tätigkeit hätte eingesetzt werden können, warum also ein bEM in keinem Fall dazu hätte beitragen können, neuerlichen Krankheitszeiten beziehungsweise der Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit entgegenzuwirken und das Arbeitsverhältnis zu erhalten.

4. Ist dem Arbeitnehmer eine Rente wegen voller Erwerbsminderung im Sinne des § 43 II SGB VI bewilligt worden, belegt dies allein nicht die objektive Nutzlosigkeit eines bEM.

BAG, Urteil vom 13.05.2015 – Az.: 2 AZR 565/14 – in: NZA 2015, 1249

Sachverhalt:

Der seit 2007 als Busfahrer beschäftigte Kläger war seit 28.11.2010 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Am 26.06.2012 wurde ihm rückwirkend zum 01.06.2011 eine zunächst bis 30.06.2014 befristete Rente wegen voller Erwerbsunfähigkeit bewilligt. Die Beklagte kündigte daraufhin im Juli 2012 das Arbeitsverhältnis ordentlich fristgerecht aus personenbedingten Gründen. Ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) hatte sie zuvor nicht durchgeführt. ArbG und LAG wiesen die Kündigungsschutzklage ab.

Entscheidung:

Der Kläger war mit seiner Revision erfolgreich. Das LAG habe zwar zutreffend eine negative Prognose hinsichtlich der voraussichtlichen Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit des Klägers angenommen. Die lange Arbeitsunfähigkeit in der Vergangenheit begründe eine entsprechende Indizwirkung, die der Kläger nicht entkräften konnte. Allerdings sei die Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen nicht ausreichend dargetan. Diese sei indiziert, wenn eine dauernde Leistungsunfähigkeit bestünde oder jedenfalls in den nächsten 24 Monaten nicht mit einer Genesung zu rechnen sei. Vorliegend habe das LAG aber nur auf die verbleibende Dauer des Rentenbescheids und damit lediglich auf 23 Monate abgestellt. Schließlich habe die Vorinstanz zu Unrecht das Fehlen milderer Mittel angenommen, obwohl die Beklagte pflichtwidrig kein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) durchgeführt habe. Daher treffe diese eine erhöhte Darlegungs- und Beweislast, dass keine alternative leidensgerechte Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen, der sie nicht genügt habe, da auch das Vorliegen eines Rentenbescheids das bEM nicht entbehrlich mache.

Rechtsfolgen in der Praxis für Arbeitnehmer und Arbeitgeber:

Das BAG bestätigt erneut die strengen Anforderungen der Rechtsprechung an krankheitsbedingte Kündigungen. Arbeitgeber müssen alle drei Stufen der sozialen Rechtfertigung (Negativprognose, Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen, Verhältnismäßigkeit inkl. bEM) darlegen und ggf. beweisen. Die Indizwirkungen zur Erleichterung der Darlegungs- und Beweislast werden von der Rechtsprechung eng auslegt. Das zeigt sich insbesondere darin, dass das BAG als Prognosezeitraum mindestens 2 Jahre fordert und den hier vorliegenden Zeitraum von 23 Monaten als zu kurz ablehnt. Auch verdeutlicht die Entscheidung den faktisch nahezu zwingenden Charakter des bEM. Das BAG bleibt zwar dabei, dass das bEM keine formale Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung darstellen soll. Gleichzeitig führt dessen Fehlen aber dazu, dass an den Arbeitgeber immens hohe Darlegungsanforderungen unter Einbeziehung der Erfolglosigkeit hypothetischer alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten gestellt werden. Konkrete Vorgaben zum inhaltlichen Ablauf des bEM macht die Rechtsprechung indes weiterhin nicht, so dass hier Gestaltungsspielraum verbleibt. Stets empfehlenswert ist aber die Dokumentation der Einladung zum bEM einschließlich Hinweis auf dessen Ziele nebst Zugangsnachweis beim Arbeitnehmer. Zudem zeigt eine aktuelle Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein vom 03.06.2015 – Az. 6 Sa 396/14 – dass der Arbeitgeber selbst dann, wenn der Arbeitnehmer monatelang nicht auf ein Angebot zur Durchführung des bEM reagiert, nicht von der Durchführung des bEM befreit ist. Er kann nur dann von der Durchführung des bEM absehen, wenn der Arbeitnehmer das bEM nach ausreichender Belehrung ausdrücklich abgelehnt hat und dies vom Arbeitgeber dokumentiert worden ist.

Dr. Ute Schmidt, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Maître en Droit

Keine automatische dynamische Fortgeltung von Kollektivverträgen beim Betriebsübergang

Okt 11, 2013   //   by tkorn   //   Arbeitsrecht  //  No Comments

„Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12.03.2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen ist dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat verwehrt, vorzusehen, dass im Fall eines Unternehmensübergangs die Klauseln, die dynamisch auf nach dem Zeitpunkt des Übergangs verhandelte und abgeschlossene Kollektivverträge verweisen, gegenüber dem Erwerber durchsetzbar sind, wenn dieser nicht die Möglichkeit hat, an den Verhandlungen über diese nach dem Übergang abgeschlossenen Kollektivverträge teilzunehmen.“

EuGH, Urteil vom 18.07.2013 – Rs. C-426/11 („Alemo-Herron“) – in: BeckRS 2013, 81519

Sachverhalt:

Einer der Bezirksräte Londons („Lewisham“) übertrug eine seiner Abteilungen auf ein privates Unternehmen, das den Betrieb nach einiger Zeit weiterveräußerte. In den Arbeitsverträgen hieß es sinngemäß: „Während der Dauer Ihres Arbeitsverhältnisses mit Lewisham richten sich die Arbeitsbedingungen nach den vom NJC (Anm. d. Verf.: Tarifverhandlungsorgan für den kommunalen Dienst) periodisch ausgehandelten Tarifverträgen.“ Die privaten Unternehmen waren nicht am NJC beteiligt und konnten daher auf die periodisch von diesem ausgehandelten Tarifverträge keinen Einfluss nehmen. Das private Unternehmen vertrat deshalb die Auffassung, nicht durch die dynamische Bezugnahmeklausel an die nach dem Betriebsübergang erfolgten Tariferhöhungen gebunden werden zu können. Es weigerte sich daraufhin, die periodische Tariferhöhung an seine Arbeitnehmer weiterzugeben. Die Arbeitnehmer klagten hiergegen, das zur Entscheidung berufene englische Gericht legte den Rechtsstreit dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.

Rechtliche Würdigung des EuGH:

Streitgegenständlich war in dem Verfahren vor dem EuGH die Frage, ob ein Betriebserwerber durch eine dynamische Tarifverweisungsklausel in den Arbeitsverträgen der übernommenen Arbeitnehmer an Tarifänderungen gebunden werden kann, die in der Zeit nach dem Betriebsübergang vereinbart werden, ohne dass er darauf Einfluss nehmen kann.

Der EuGH hat diese Frage mit folgender Begründung verneint:

Die Betriebsübergangsrichtlinie soll einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen der Arbeitnehmer und den Interessen der Betriebserwerber herstellen.

  1. Der Erwerber eines Unternehmens muss in der Lage sein, die für die Fortsetzung seiner wirtschaftlichen Tätigkeit erforderlichen Anpassungen vorzunehmen.
  2. Ist es dem Erwerber verwehrt, die Entwicklung der Arbeitsbedingungen seiner Arbeitnehmer durch Mitwirkung im betreffenden Tarifverhandlungsorgan auszuhandeln, wird der Wesensgehalt seines Rechts auf negative Vereinigungsfreiheit und seines Rechts auf unternehmerische Freiheit beeinträchtigt.
  3. Wenn der Erwerber nicht die Möglichkeit hat, an den Verhandlungen über die nach dem Betriebsübergang geschlossenen Kollektivverträge teilzunehmen, sind die Klauseln, die dynamisch auf nach dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs ausgehandelte und abgeschlossene Kollektivverträge verweisen, nicht gegenüber dem Erwerber durchsetzbar.

Im Ergebnis haben die Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Weitergabe der nach dem Betriebsübergang erfolgten Tariferhöhungen. Ihre (bisher dynamischen) Bezugnahmeklauseln wirken folglich nur noch statisch in der Fassung zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs fort.

Rechtsfolgen in der Praxis für Arbeitnehmer und Arbeitgeber:

Derzeit ist noch unklar, ob das BAG die EuGH-Entscheidung auf das deutsche Recht überträgt. Es steht aber zu erwarten, dass künftig dynamische Tarifverweisungsklauseln nach einem Betriebsübergang auf einen nicht tarifgebundenen Erwerber (wieder) als Gleichstellungsabreden auszulegen sind. Im Ergebnis dürfte das EuGH-Urteil folglich zur Rückkehr zur BAG-Rechtsprechung vor 2005 führen. Der Übernehmer ist dann nach einem Betriebsübergang nicht mehr verpflichtet, Tariferhöhungen weiterzugeben, die von einem Tarifpartner ausgehandelt wurden, dessen Mitglied er nicht ist.

Ute Schmidt, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Maître en Droit

Seiten:«1234